QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

Bis zum letzten Tropfen

Warum ein Mann einfach nicht glauben kann, dass die Tube leer ist

In dieser Kolumne geht es um Geiz und um Sparsamkeit. Nicht wirklich schöne Charakterzüge. Aber ist das ein männliches Thema? Nun gut: Molières Theaterstück heißt schließlich „Der Geizige“ und man kennt auch den Geizhals, doch nicht die Geizhälsin. Wahrscheinlich ist es sozialdarwinistisch zu belegen, Männer eher des Geizes zu bezichtigen: Vor Emanzipation und Feminismus zahlte meist der Mann. Er war Jahrtausende für materiellen Income zuständig und machte sich dann manchmal durchaus Gedanken über dessen Outgo.

Aesop

Die Frau, die ich liebe, bemerkte, dass ich Zahnpasta- oder Nivea Cremetuben (bei dieser Gelegenheit: bitte im Sortiment unbedingt behalten, liebe Beiersdorf-Leute!) mit der Nagelschere aufschneide.  Dass ich also diese Tuben, so sie deutlich zur Neige gegangen sind und von jedem vernünftigen Menschen weggeschmissen werden, gewaltsam öffne und dort dann die Reste mit den Fingern, Wattestäbchen oder der Zahnbürste selbst herausfische. Eine vermeintlich leere Zahnpasta- oder Nivea- ,Hand- oder Fußcremetube enthält da nämlich noch soviel, dass ich damit oftmals gut weitere zwei Wochen cremen oder putzen kann.

Auch eine angeblich leere Duschgel- oder Haarshampooflasche wird von mir grundsätzlich auf den Kopf gestellt. Selbst wenn dann nichts mehr rauskommt, so drücke ich die kleine Plastikflasche zusammen und tauche sie ins Wasser. Vom erzeugten Vakuum lasse ich nun etwas Wasser ansaugen: ich schüttele schließlich die Flasche und ein bis zwei Anwendungen sind meist noch drin.

Nun heißt es wohl, ich wäre geizig. Okay: Geiz, da bin ich mir ganz sicher, ist nichts anderes als subjektive Armut. Und ich weiß auch, dass diese verzweifelten Versuche der Resteverwertung letztlich nichts bringen. Ich rette Nanoteilchen, fummele mir da Atome aus der Tube, MicroMü's  - nicht mehr messbar in irgendeiner Währung dieser Welt. Doch behaupte ich, dass ich nicht geizig bin. Ein geiziger Mann schenkt einer Frau Lippenstift, weil er ihn sich dann nach und nach zurückholen kann. Ich verschenke gerne Ohrringe oder Schuhe; soviel dazu.

Ich halte Sparsamkeit auch nicht für eine probate Einkommensquelle – und Männer sind durchaus nicht nur sparsam. Jedenfalls denken sie darüber nicht viel nach, wenn sie sich einen SUV kaufen oder ein T-Bone-Steak bestellen. Aber an der Behauptung meiner Frau, Männer wären besonders sparsam ( weil sie eben schon viele kennengelernt hat, die Tuben im Badezimmer aufschneiden, um eben den letzten, restlichen Rest zu verbrauchen), an dieser Behauptung ist nichts dran. Nur: warum tun wir Männer das dann, dieses Tuben-Aufschneiden?

Ich behaupte: Nicht Geiz ist es, sondern der Forschertrieb. Wir Männer wollen jeder Sache auf den Grund gehen; wir wollen immer das Innerste ergründen, wollen die technischen Zusammenhänge verstehen und wenn wir dafür in eine Tube kriechen müssen. Wir wollen ganz einfach immer wissen „wie“ es drinnen aussieht. Wahrscheinlich ist das tiefenpsychologisch erklärbar und letztlich sexuell konnotiert: Wir wollen in alles rein. Eindringen und verstehen!

Und was wir dabei schließlich für tolle Dinge entdecken: Die Kugeln im Nagellackfläschchen! Ja, es gibt in einem Inneren immer etwas zu entdecken. Die feinen filigranen Verstrebungen, die den Tubenkopf innen verstärken und in deren Zwischenräumen sich eben Creme sammelt, die nie rausgedrückt wird. Natürlich ist es auch eine sportliche Angelegenheit, ein Triumph festzustellen, dass die Zahnpasta doch noch für fünf weitere Male zum Zähneputzen gereicht hat. Dass man sich mit der Creme noch eine Woche lang das Gesicht einreiben konnte. Fünfmal noch den Besuch im Drogeriemarkt hinausgezögert hat!  Wenn das keine Leistung ist.

Nein, Männer sind nicht per se geizig. Und kluge Männer wissen, dass Frauen fühlen: Materieller Geiz endet früher oder später immer in emotionalem Geiz. Und das ist gar nicht geil. Mit Gefühlen sollte man nicht geizen. Niemals. Und aufs Sparkonto gehören sie auch nicht. Bei den Zinsen. #quietwordspascalmorche

Pascal Morché

QUIET WORDS - Alle Kolumnen