QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ
Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser
die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier
exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
„Sehnsuchtsort für Kommunikation: Friseur“
Wir Männer lieben tiefer gelegte Autos und höher gestellte Frauen. Also, Frauen auf hochhackigen Schuhen. So einfach sind wir strukturiert! Und dann haben wir noch ein paar Probleme: Bauchansatz, die Wahl der richtigen Alufelgen, der Umgang mit der eigenen Mutter. Das alles bekommen wir irgendwann in den Griff.
Schwieriger ist‘s die Eigenarten von Frauen zu verstehen: Warum ziehen sie Strumpfhosen an, als wollten sie für die Rolle des Froschweibchens im Weihnachtsmärchen proben? Warum halten sie sich beim Sprung ins Wasser die Nase zu? Warum können sie keine Zuneigung zu einem Kärcher Hochdruckreiniger entwickeln? Ja, warum stellen Frauen die Eierbecher immer so in die Spülmaschine, dass sie voll Wasser laufen und dieses beim Ausräumen auf die Teller im unteren Fach schwappt? „Das alles ist geheim, soviel geheim.“
Die Welt ist eben absurd: Versuchen Sie nur mal die richtige, d.h. die passende Farbdrucker-Patrone oder die richtigen Staubsaugerbeutel zu kaufen. Eine Katastrophe! Braucht die Menschheit so viele verschiedene Staubsaugerbeutel? Frauen stehen übrigens nie so verloren wie Männer vor diesem gottverdammten Staubsaugerbeutelregal. Sie wissen, was sie wollen. Und nicht nur dort. Frauen sind einfach praktischer veranlagt.
Im Gegensatz zu uns Männern treten Frauen wahrscheinlich bei einem Gespräch nur deshalb nicht so gern gegen die Reifen ihres Autos, weil ihnen ihre Schuhe dafür viel zu schade sind. Für Männer kann ein Gespräch ohne einen Autoreifen in greifbarer Nähe dagegen verdammt schwierig sein. Zum Beispiel beim Frühstück: Die Frau redet, redet und redet - der Mann hinter seiner Zeitung gibt hin und wieder nichtssagende Laute von sich: „Tja!“ oder „hm“ oder „rrrh“. Okay, soviel Verbalakrobatik hat Platz in einem Männerhirn und in einer Comicsprechblase. Aber, was sollen wir auch anderes tun? Ein „hm“ als Gesprächsbeitrag reicht Frauen oft schon, um weiterzureden. Sie stellen nicht immer hohe Ansprüche an ihren Dialogpartner. Haben sich Frauen schon mal gefragt, ob Männer diese Lautmalereien geschickt einsetzen, um in Ruhe frühstücken zu können?
Ein Mann schafft es locker, tagelang mit einer Frau nicht zu reden. Höflich wie er ist, will er sie ja nicht unterbrechen. Männer haben es eben oft nicht so mit Worten. Deshalb kaufen sie auch häufig Grusskarten, auf denen viel vorgedruckt steht. Dann müssen sie selbst nur noch wenig hinzufügen. Und wenn Männer zusammensitzen, könnte man meinen, es handele sich bei dem Treffen um die Jahreshauptversammlung der Taubstummen.
Elegant gesagt: Frauen sind kommunikativer. Frauen lieben Worte. Und diese Liebe entdecken sie sehr früh: Kleine Mädchen sprechen früher als Buben, sie verfügen über eine bessere Grammatik, und sie benutzen mehr Wörter. Rund um den Globus sind Frauen sprachbegabter als wir Männer. Es ist deshalb weder Zufall noch Erziehung, sondern ganz einfach das Resultat der Evolution, dass Frauen so oft als TV-Moderatorinnen, Dolmetscherinnen oder PR-Damen in Erscheinung treten – und eher seltener als Fischer oder Leuchtturmwärter. Berufe, die in tiefer Verschwiegenheit ausgeübt werden, sind nichts für Frauen.
Reden ist Silber, Schweigen ist Mann. Schon als der Steinzeitmann mit seiner Horde auf die Jagd ging, reduzierte sich seine Kommunikation auf den Austausch wesentlicher Infos: „Mammut von links!“. Die Steinzeitfrau indes hockte in der Höhle und pflegte dort soziale Beziehungen mittels Kommunikation: Sie quatschte. Das tut sie heute noch: Auch moderne „Sex and the City“-Frauen sind dank sexueller Emanzipation und hoher Manolo-Blahnik-Schuhe fern aller Kaffeekränzchen-Spießigkeit, aber dennoch plattern und klappern und tratschen und ratschen sie gern.
Weil er, der Euch kennt, die Diskriminierung des weiblichen Geschlechts zutiefst verabscheut, umschreibt er es elegant: Frauen haben einfach viel mehr Sprachkompetenz. So heißt es schon bei Mozart in der „Zauberflöte“: „Ein Weib tut wenig, plaudert viel“. Ich habe übrigens noch keine emanzipierte Frau erlebt, die bei dieser Stelle türeknallend den Zuschauerraum der Wiener Staatsoper verlassen hätte, obwohl es Grund genug gäbe. Stattdessen sucht sie weiter Kommunikation. Besonders beim Friseur und am Telefon. Der leere Akku ist fast die einzige Möglichkeit, Telefongespräche unter Frauen zu beenden.
Warum Männer und Sprache anders funktionieren, darüber denken Hirnforscher und Psychologen nach und kommen zu komplizierten Schlüssen. Machen wir‘s hier kurz: Frauen reden einfach gern. Und vor allem: Sie reden so wahnsinnig umständlich. Bis sie auf den Punkt kommen, vergeht uns zu viel Zeit. Während Frauen so aufgeregt auf Gesprächsthemen herumschaukeln wie ein Greenpeace-Schlauchboot auf den Wellen vor einem Frachter mit geklontem Soja, ist der Mann der Frachter selber. Er tutet gemächlich - bzw. grunzt vor sich hin.
Wir Männer wissen natürlich, wie wir den Gesprächsverlauf zwischen Mann und Frau entscheidend ändern können. Am Frühstückstisch, während sie redet und redet: Da steht der Mann dann einfach auf und bringt den Müll raus – Frauen mögen das. So plötzlich, so „von sich aus“. – Wenn er dann zurückkommt und so dem Gespräch noch keine grundlegende Wendung geben konnte, hilft nur eins: Sich wieder hinter der Zeitung zu verschanzen und „hmm...“.
Kluge Frauen merken das natürlich irgendwann. Und dann drohen sie mit einem Friseurtermin. Kann ja sein, dass dieser Termin für sie eine Art Selbsterfahrungskurs mit Gesprächstherapie ist. Männer wünschen sich eigentlich einen taubstummen Friseur, Frauen aber suchen das Gespräch vor dem Spiegel. Da vertrauen sie dem fremden Mann mit den Scherenhänden ihre intimsten Geheimnisse an: Wie sicher der Job des Gatten ist? Ob ihn der neue Tigerbody anmacht? Ob weisse Cowboy-Stiefel mit Fransen wieder im Kommen sind? Ob die Leggins im Wetlook von Calzedonia nicht doch zu eng ist? Friseure hören zu. Immer! Der Frisiersessel ist der Beichtstuhl ohne hölzerne Kiste. Und wie ein Pfarrer schenkt auch der Friseur Zuwendung in kalten Zeiten – allerdings bei lauwarmem Wasser. Hier wird geboten, was Männer am Frühstückstisch nicht vermögen: Vertrauen und Entertainment. Deshalb genießen Frauen diese Prozedur, diesen Besuch beim Friseur. Männer sagen: Schneiden Sie so, dass ich aussehe, als sei ich nicht hier gewesen. Bei Frauen ist das genau umgekehrt. Welcher Kick treibt sie nur zum Hairstylisten? Vermutlich ist es die Suche nach Ansprache! Diese Kontaktsehnsucht, die regelmäßig nachgeschnitten und gefönt werden muss. #quietwordspascalmorche
Pascal Morché