QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

Bedien mich!

HighTech im Badezimmer

Als manchmal zu unrecht nur diagonal gelesener beauty.at-Kolumnist muß ich sagen: ich liebe Frauen. Okay, kleine Einschränkung: ich halte mich fern von Frauen, die Paulo Coelho lesen; denn wenn sie Coelho lesen, lieben sie auch Chagall und mögen Lavendelsträuche. Ich kann dieses Trias-Phänomen aber auch umgekehrt angehen: Frauen, die Chagall lieben, mögen „immer“ auch Lavendel und eben Coelho.Das scheint eine Einheit zu sein - Keine Ahnung warum. Aber es ist so. Es ist eine Feststellung, die bei mir – wie alles (!) – auf reiner Empirie, also auf Erfahrung beruht.

Philips

In technischer Hinsicht haben Frauen inzwischen sehr viel dazugelernt und uns Männer längst überholt. Vor allem im Badezimmer. Das finde ich als Mann ausgeprochen spannend, was ich aber nicht verstehe, sind Bedienungsanleitungen! Und ich verstehe auch Frauen nicht, die sich durch das permanente Aufrüsten ausgeklügelten, hochkomplizierten technischen Equipments sogar in ihrem Badezimmer diesen Bedienungsanleitungen ausliefern.

Zunächst: Gebrauchsanleitungen werden wahrscheinlich von einem Dämon verfasst, der in einem Bereich der Hölle beschäftigt ist, wo man Seelen abfackelt. Gebrauchsanleitungen dienen dem Zweck, intelligente Menschen mit oder ohne Universitätsabschluss in dem Glauben zu wiegen, weil sie nichts verstehen, seien sie Idioten. Daraufhin ergeben sie sich dann der uferlosen Verzweifelung beziehungsweise der Trunksucht, überlegen sich Suizid-Methoden oder suchen einen anderen Weg der Selbstaufgabe.

Ich habe mir  immer zwei Fragen gestellt: Wer denkt sich die Namen für IKEA-Möbel aus? Und wer bitte schreibt Gebrauchsanleitungen? Dieses Wesen muß ein Monster aus Dantes Inferno sein; ein Spezialist seines grausamen Fachs: Jedes Mal, wenn ein neues technisches Gerät in seinem höllischen Büro ankommt, reibt sich dieses Monster die Hände: „Werden wir es auch diesmal wieder schaffen, ein Stück Prosa zu verfassen, das die Menschen glauben lässt, sie hätten statt eines Gehirns eine ausgewrungene Windel im Schädel?“, fragt sich das Monster und lässt sein dämonisches Lachen erklingen. Warum ich das schreibe? Weil ich die HighTech-Gerätschaften im Badezimmer einer Frau nicht (mehr) verstehe. Als ich vor vielen Jahren mit der Liebe zu Frauen anfing, hatten sie einen Föhn in der Badezimmerschublade und bestenfalls gab’s noch eine elektrische Zahnbürste. Das war’s dann an Technik. Schluß!

Heute aber Highend-Design und Hightech-Geräte wohin ich staunend im Badezimmer blicke: Die elektrische „Foreo Zahnbürste ISSA“ ist aus Silikon, und hat auch noch einen Zungenreiniger-Aufsatz. „Beim Wechseln des Bürstenkopfes den Handgriff und den Bürstenkopf nicht drehen“; außerdem wird dringend angemerkt, „dieses Produkt ist für den persönlichen Gebrauch und nur für den Zahnpflege-Einsatz zur Förderung der allgemeinen Mundhygiene vorgesehen.“ Ja für was denn auch sonst? Zwar sieht das Gerät in seinem soften Design, seiner milden Farbgebung und in seiner Haptik aus wie ein Vibrator. Dennoch käme kein Fransenbartakademiker mit Hornbrille,  der einen Kitzler nicht einmal dann finden würde, wenn ein GPS-System ihm den Weg wiese, darauf, einer Frau mit diesem Foreo-Ding klitorale Freuden zu spenden.

Für die gehobenen beauty-Ansprüche der Frauen gibt es jetzt auch so unglaubliche Geräte wie „Clarisonic Smart Profile“. Die All-in-One-Reinigungsbürste für Gesicht und Körper inklusive Pediküre-Aufsatz. „Richten Sie sich nach den T-Timer-Signaltönen und führen sie den Bürstenkopf sanft in kleinen kreisenden Bewegungen über die Haut. Augenpartie aussparen.“ Na, unbedingt! Wer sich schließlich die Netzhaut runterrubbelt, ist selbst Schuld. Da übernimmt der Hersteller keine Haftung, da sichert er sich juristisch im Kleingedruckten ab.

Großartig ist auch der „Talika Nail Shaper“, ein Gerät zur Maniküre in einer Form , die ebenfalls wieder daran denken lässt, dass man den kleinen schnuckeligen Apparat für ganz andere Dinge her- und rannehmen könnte: „Geschwindigkeit 1 für die Hände. Geschwindigkeit 2 für die Füße“ – Ha, wehe wenn Frau das umgekehrt benutzt: 50 auf der Autobahn und 150 im Stadtverkehr. Auch bei Talika wieder der deutliche Hinweis: „Schützen Sie ihre Augen“. Man meint, eine Schutzbrille müsste der Hersteller gleich mitliefern, dass er Frauen für so blöde hält, sich mit einem Maniküre-Instrument die Augenpartie zu behandeln.

Echt geil ist auch „Philips BikiniGenie BRT 383/15“ : „Haben Sie genug von Hautirritationen und Schnittverletzungen?“, fragt der Hersteller und erinnert die Benutzerin an vergangene Blutbäder. Warnhinweis für das „BikiniGenie“: „Dieses Gerät kann von Kindern ab 8 Jahren und Personen mit verringerten physischen, sensorischen oder psychischen Fähigkeiten oder Mangel an Erfahrung und Kenntnis verwendet werden, wenn sie bei der Verwendung beaufsichtigt wurden oder Anweisung zum sicheren Gebrauch des Geräts erhalten und die Gefahren verstanden haben.“ Hm, eine Frage drängt sich mir da auch „mit verringerten psychischen Fähigkeiten“ auf: Wie stark ist eigentlich die Behaarung in der Bikinizone eines achtjährigen Kindes, dass der Hersteller darauf hinweist, dass sein Gerät von Kindern ab 8 Jahren verwendet werden darf?

Der „Braun Silk Epil 5 Wet&Dry“ ist auch nicht die Typenbezeichnung eines neuen Winterreifens von Michelin oder Goodyear, sondern ebenfalls ein respektables Epilier-Werkzeug, der Nassrasierer und Sugaring a la „Ratsch und Autsch“ endlich überflüssig werden lässt.

Ich selbst bin übrigens bei meiner graulockigen Haarpracht verliebt in die „Babyliss Brushing AS550 E Warmluftbürste“ – Keramikbeschichtung, Naturborsten, zwei Routierrichtungen! Super! „Mit sehr vielen Bildern zu den Anwendungen verschiedener Aufsätze sowie ausführlicher Beschreibung der einzelnen Komponenten, ist die Bedienungsanleitung sehr ausführlich und informativ“, bestätigt mir sogar der unabhängige Gerätetester TestFazit.de.

Ach, vielleicht liegen diese wundervollen Frauen ja in einem duftenden, cremigen Schaumbad und versinken in der Lektüre von Bedienungsanleitungen. Sie ertrinken fast bei der klaren, lauten Forderung ihrer vielen HighTech-Beauty-Gerätschaften: „Bedien’ mich!“ Geht es nach den Herstellern, dürfte das so sein. Und die „Satin Hair Ionenbürste“ von Braun wirft sogar einige Fragen auf, die der Hersteller jedoch anstandslos sofort und brav pariert.

Na dann! Für mich klingt das Wort Ionen-Bürste wie Atomkraftwerk. Ich bin, genau wie die deutsche Kanzlerin, seit Fukushima für den Atomausstieg und ich bin bereit mein, in meiner Brust schlagendes Lebkuchenherz derjenigen Frau zu schenken, die in ihrem Badezimmer endlich hightechmäßig abrüstet.   #quietwordspascalmorche           

Pascal Morché

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