QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

"SCHENKEN? UMTAUSCHEN!"

Schon mit dem ersten Geschenk zwischen Mann und Frau gab's großen Ärger. Ein Apfel war's! Das Ergebnis ist bekannt: Rausschmiss aus dem Paradies, Schluss mit lustig, Feigenblatt vor’s Genital und Arbeit bis zum Rentenalter. Hätte Adam nur nicht diesen einen blöden Apfel angenommen und zu allem Überfluss dann auch noch behalten! Wäre die Sache nämlich umgekehrt gelaufen, so lebten wir heute immer noch im Paradies: Eva hätte den Apfel mit Sicherheit umgetauscht. Vielleicht in eine Birne, vielleicht in eine Ananas oder in vier Kiwis. Wir wissen’s nicht; wir wissen aber: Frauen tauschen jedes Geschenk um, wie jetzt nach den Festtagen wieder zu erleben ist.

Als wir Männer uns vor Weihnachten die verzweifelnde Mühe machten und uns auf die Suche begaben, für unsere geliebte Frau ein adäquates Geschenk  auszusuchen, da dachten wir bereits daran, dass sie es umtauschen kann; und dass sie es auch umtauschen wird! Das ist schließlich so sicher wie das Lächeln einer Douglas-Verkäuferin und es hebt nicht gerade männliche Lust und Laune beim Einkauf.

Chanel N°5© Chanel

Lustlos standen wir also wieder in einer Parfümerie und kauften deshalb wie immer ebenso lustlos das gleiche Parfüm. Ein eingespielter, jährlicher Rhythmus: der Flakon der geliebten Frau oder Freundin auf der Badezimmerkonsole scheint stets zwangsläufig zu Weihnachten gegen Ebbe zu tendieren. Ich gebe zu, das ist nicht sehr kreativ, aber es ist die einzige Chance nicht umgetauscht zu werden. Einmal Chanel N°5 - immer Chanel N°5!

Wenn wir Männer nämlich beim Schenken kreativ werden, dann läuft's doch meist so ab: Kommt ein Mann in einen Laden und will (um sich auch selbst eine Freude zu machen) für seine Frau Dessous kaufen. Fragt die Verkäuferin "welche Körbchengröße?", sagt der Mann "egal". "Und welche Farbe?"; wieder sagt der Mann "egal.""Eher mit Spitzen oder sportlich"? "Egal". Nachdem er fünfmal "egal" geantwortet hat, fügt er beim sechsten Mal hinzu "wird sowieso umgetauscht." Da müssen wir doch frustriert sein! Und das geht mit allem so, was wir verschenken. Selbst wenn wir Verlobungsringe bei Tiffany ausgesucht haben, heisst's hinterher: "Nein Schatz,  nicht Weißgold; Gold! Ich tausche sie um." Einmal, ein einziges Mal hat mich die Umtauschaktion einer Frau jedoch beeindruckt: Eine Freundin sagte mir, sie habe ihren neuen Vibrator umgetauscht und mit triumphalen Blick fügte sie dann noch hinzu "nachdem ich ihn das erste Mal benutzt hatte". Auch ein Dildo-Hersteller sollte eben nichts versprechen, was er nicht halten kann.

Frauen sind radikal: Ungewünschtes, Ungewolltes, Unpassendes? Weg damit. Und vor allem schnell: Den Fehlgriffen von Verwandten, Partnern und Freunden wird kaum mehr eine Gnadenfrist von Stunden gewährt. Bereits gegen 20 Uhr am Heiligen Abend stieg bei eBay der Aktivitätslevel deutlich an.

Können Frauen nicht endlich von uns Männern etwas lernen? Wir lassen sie doch auch in Sachen Geschenkidee nicht im Ungewissen. Sie würden uns sonst ja Alu-Felgen schenken, die ganz sicher die Falschen wären. Deshalb geben wir die Zollgröße vorher an. Wir Männer sind glücklicherweise in der Lage, mit absolut genauen Produktangaben sehr präzise zu formulieren, was wir wollen: "Bitte ein Schweizer Offiziersmesser 18teilig, Modell Swiss Camp!" Oder: "Bitte ein Dupont-Feuerzeug Model Gatsby Chinalack schwarz". Oder: "Bitte ein iPad Air 2 mit LTE-Mobilfunkmodem und 128 Gigabyte Speicher". So einfach ist das! Und so einfach minimieren wir das Risiko eines falschen Geschenks. Warum? Ganz einfach: Während wir Männer bei der Auswahl eines Geschenks an die zu beschenkende Frau denken, denken Frauen beim Schenken eher an sich. Ja, so hart muß man weiblichen Egoismus hier leider formulieren und Beispiele dafür gibt's viele: Die berühmte Krawatte als Geschenk für "ihn", zeigt doch immer nur den Geschmack von "ihr". Die Flugtickets, die sie "ihm" im Kuvert unter den Christbaum legt, führen meist an einen Ort, an den "sie" schon immer wollte. Und der Stein, den sie „uns“ später einmal aufs kühle Grab wird zementieren lassen, auch er spiegelt den Geschmack der Frau und nicht den des Mannes, der da unten liegt, wider. Männer tauschen nicht um. Nicht einmal ihren Grabstein. Männer arrangieren sich halt. Aus Bequemlichkeit, aus Faulheit. Denn: is doch eh wurscht.

Wir wollen ganz einfach Ruhe im (Geschenk)-Karton und das heißt: keinen Stress mit dem, was wir da aus netter Pappverpackung und raschelndem Seidenpapier zu Weihnachten wieder ans Licht förderten. Umtauschaktionen bedeuten Stress, Lauferei, Anstehen in Schlangen, Überzeugungsarbeit bei Verkäufern und Abteilungsleitern, Einstellen bei eBay nach vorheriger Stilllife-Fotografie... Umtauschaktionen sind deshalb absolut nichts für uns Männer. Sie sind jetzt zum Jahresbeginn nur der deutliche Ausdruck der Unzufriedenheit und Unverstandenheit zwischen Mann und Frau. Und die Unzufriedenheit darüber, dass der Mann die Frau wieder mal nicht verstanden hat, dass er wieder einmal nicht begriffen hat, was sie „eigentlich“ wollte und sich wünschte, diese Unzufriedenheit können wir uns wirklich schenken. #quietwordspascalmorche

                                                               Pascal Morché