QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Frauen fummeln gerne

Empathie: Die Verhaltensweisen von Mann und Frau sind grundverschieden. Das merkt man besonders an den kleinen, alltäglichen Dingen.

Affenliebe© iStock_Owsigor


Es ist leicht aus einem Aquarium eine Fischsuppe zu machen; aber andersherum ist es nun einmal schwer.
Also schwer bis unmöglich ist es eben, dass ein Aquarium aus einer Fischsuppe entstehen möge. Was dieses Bild - gebildete LeserInnen (und nur diese gibt es!) sprechen auch von einer Metapher - nun soll? Ganz einfach: Es ist möglich, einen Mann von gewissen Eigenarten und Gewohnheiten abzubringen, aber es ist unmöglich, die Verhaltensstrukturen von Frauen zu ändern.

Zum Beispiel fummeln Frauen immer an einem (Mann) herum. Nein, es wird jetzt (leider?) nicht pornographisch. Ich meine an dem, was eine Frau liebt, da kratzt und drückt und wischt und zupft sie nur allzu gern herum. Sie bietet sich an, ihm seine Brille zu putzen; sie wuschelt seine Haare am Hinterkopf auf; sie klopft eine Schuppe von seiner linken Schulter; sie pustet ein Haar oder ein Staubkorn von seiner rechten Anzugschulter. Ja, haben Sie am Strand auch schon einmal beobachtet, mit welch meditativer Hingabe eine Frau sich an den kleinen Unreinheiten einer Männerhaut zu schaffen macht? Um’s unappetitlich zu sagen: Sie drückt Männern gerne Pickel am Rücken aus. Nun, Vergleiche aus der Zoologie, wo die Affenmama stundenlang und inbrünstig ihre Jungen laust, oder wo ein Vogerl tief im Rachen eines Krokodils dessen Zahnpflege betreibt, sind selbstverständlich eleganter. Empathie bis zur Symbiose getrieben – das kennt ein Mann nur, wenn seine Frau mal erkältet ist und mit Husten und Schnupfen danieder liegt. Dann rafft es auch bald den Mann dahin: „Schatz“, jammert er mitfühlend, „mir geht’s auch schon ganz mies; ich glaub, ich werde auch krank.“

Wir Männer werden die Verhaltensunterschiede zwischen Mann und Frau nie begreifen. Zum Beispiel: Kaum hat morgens der Wecker geklingelt, kuschelt sie sich an. „Nur noch fünf Minuten! Nimm mich in den Arm!“ Während sie das flüstert, denkt er: Es klingelt eh schon immer auf den letzten Drücker;  jetzt geht es um Minuten. Jetzt gibt’s Literatur, Novalis und seine „Hymnen an die Nacht“ in reality: „Muß immer der Morgen wiederkommen? Endet nie des irdischen Gewalt?“ Aber jede Frau weiß, wie viele Gefahren da draußen, jenseits des Bettes auf ihren Mann lauern. Sie möchte ihm eben noch etwas mitgeben für den langen Tag. Zärtlichkeit zur Stärkung gegen die „irdische Gewalt“, eine letzte Umarmung vor dem Kampf um’s biggest Business. Das Kuscheln nach dem Weckerklingeln ist eine Botschaft, so wie der Zettel mit dem gemalten Herzchen auf dem Kühlschrank: „Denk an mich!“, oder „Vergiss mich nicht!“. Nicht wenige Frauen machen aber auch ein kleines Machtspiel daraus, während der Wecker in der Snoozephase verharrt: Was wird ihm wohl wichtiger sein: Die Espressomaschine oder ich? Die Verkehrsnachrichten oder ich? Der DAX oder ich? Schaffe ich es, ihn noch einen Moment im warmen Bett zu halten – oder bin ich ihm ganz egal?

Ich rate Ihnen, in solchen morgendlichen Fällen zu einem bewährten Gegenmittel: Einfach den Wecker früher klingeln lassen. Dann bleibt noch Zeit zum Kuscheln.

#pascalmorche

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims. 
eMail [email protected]

QUIET WORDS - Alle Kolumnen