QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ
Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser
die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier
exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
Männertaschen
Ich muss wieder einmal über die Peinlichkeit der Männer schreiben, die sich in besonderem Maße äußert, wenn man sie beim Umgang mit ihren sieben Sachen beobachtet. Gerade jetzt im Sommer wird eines ihrer Hauptprobleme besonders augenfällig: Ihr Transportproblem!
© iStock_oatintro Wohin mit den ganz banalen Dingen, die der Mensch mit sich rumschleppt, auch wenn er ein Mann ist? Wohin mit Schlüsselbund, Sonnenbrille, smartphone, Portemonnaie oder Brieftasche? Mokieren wir uns jetzt über das Herrenhandtäschchen, sind wir zwar mitten im Thema. Doch die Dinger sind keine Lösung des Problems.
Sie waren schon peinlich, als sie in Mode kamen. In den siebziger Jahren, da verkörperten diese Straßenkulturbeutel mit langer Halteschlaufe das klare Resultat sexueller Liberalisierung. Sie stigmatisierten aber auch die armen Männer. Dein Täschchen brennt!, das ließ sich der eingefleischteste Hetero nur einmal hinterherrufen. Nur U-Bahn-Kontrolleure und Hardcore-Pfeifenraucher mit reichem Equipment konnten dieses Accessoire ins neue Jahrtausend retten. So baumeln Herrenhandtäschchen inzwischen nur noch an den Handgelenken von 60-jährigen Männern mit silbernen Kinnbärten, die Shorts, Söckchen und Sandalen mit Klettverschluss tragen und mit Mutti im Schlepptau weit darüber erhaben sind, dass man sie als tuntig missverstehen könnte.
Also, wohin mit den Sachen? Sich eine Handytasche an den Gürtel klicken? Das geht ja nun gar nicht! Erinnert an den Colt von John Wayne und ans Walkie-Talkie des Montagearbeiters. Das Portemonnaie in die Gesäßtasche stecken? Oh Gott, von GQ bis Men's Health wird Männern von ihrer „Silhouette“ gepredigt. Nein! Bitte keine Beule in Körbchengröße F auf einer Arschbacke! Kleingeld in die Hosentasche? Okay, aber dazu noch ein Schlüsselbund? Männer sollten nicht aussehen wie ein Fesselballon, dessen Sandsäcke noch am Korb hängen. Die Sonnenbrille in die Brusttasche des Hemdes stecken? Einfach unelegant!
Diese Transportprobleme kann der Mann nur austricksen. Zum Beispiel, indem er sein Sakko mitnimmt. Das hakt er sich an einen Zeigefinger, wirft es über die Schulter und freut sich ob der vielen Innen- und Außentaschen. Nur, wer diesen Trick bevorzugt, schleppt sein Sakko immer mit, auch bei 35 Grad im Schatten. Auch keine Lösung. Ob sie für den Mann darin besteht, in die Handtasche der Frau oder Freundin zu investieren?
Tatsächlich zieht ein Mann für sich selbst mehr praktischen Nutzen daraus, einer Frau eine Handtasche zu schenken als sie mit einem Body von La Perla oder High Heels von Jimmy Choo zu beglücken. Nur, will er da rein? Will er seine Sachen wirklich diesem geheimnisvoll dunklen Abgrund anvertrauen? Hat er soviel Mut? Will er seine „sieben Zwetschken“ einem Inhalt hinzufügen, der ihm ohnehin ebenso unheimlich wie unerklärlich ist? Darüber hinaus sollte sich der Mann, der sein Problem mittels Handtasche einer Frau lösen will, über eines im Klaren sein: er muss sie immer überallhin mitnehmen - die Frau.
Nichts mit sich herumzutragen, in völliger Geld-, Handy-, und Schlüssellosigkeit zu leben und auf Taschen zu verzichten, ist ein Zeichen der Macht - oder der Freiheit. Und welcher Mann hat schon beides? Ein Sandler oder der Papst. So müssen Männer weiter dieses ganz banale Transportproblem austricksen und sich schlimmstenfalls Designern anvertrauen. Der Einzige, der dieses Problem je verstanden hat, war sowieso kein Modeschöpfer: Joseph Beuys. Seine Weste, die wär's! #quietwordspascalmorche
Pascal Morché
