QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Hallo Wien!

Halloween, findet unser Kolumnist, sei eines der blödesten Feste im Jahreslauf. Er macht sich aber auch noch Gedanken über Blut und andere Festivitäten, die so im Kalender stehen.

Helloween© Look-to-go


„Blut ist ein ganz besonderer Saft“, da hat good old Goethe schon ganz recht. Und der Saft ist rot. Blutrot. Oder? Nicht immer. Das Blut in der Werbung von ob-Tampons und always ultra ist so türkis wie das Wasser an der Costa Smeralda. Kinder, merkt: bis ihr von der Wirklichkeit überzeugt seid, bluten Frauen türkisfarben! Ich finde, da geht’s doch schon los mit den fake-news.

Ich, Ihr Beauty.at-Kolumnist könnte bei soviel Lug und Trug also beruhigt sein, dass es wenigstens zu Halloween richtig blutig zugeht. Jetzt wird sich ja wieder gegruselt und gegraust. Gespenstisch! Und es gibt den Horror wirklich, denn der wahre Horror sind Halloween-Parties in Swingerclubs! Ich habe keine Ahnung, was daran geil und sexy sein soll, wenn Frauen sich zur Ausübung des Sexualverkehrs drakulesk auf bleiche Leiche schminken. Wenn sie zuhause weiße Bettlaken zerschneiden, sich diese als „Partyoutfit“ überwerfen und mit so viel rotem (!) Kunstblut beschmieren, als wollten sie ein Hermann Nitsch-Casting für dessen nächste Prinzendorf-Session gewinnen. Schöne Frauen beweisen an Halloween einen Mut zur Hässlichkeit, der sich nicht einmal aus härtestem Masochismus erklären lässt. Heidi Klum zum Beispiel: Seit dem Jahr 2000 lässt sie es regelmäßig in New York auf ihrer Halloween-Party krachen: 2013 erschien sie als alte Oma auf der Party. Mit Krückstock, passendem Outfit, Krampfadern und Altersflecken war sie der Hingucker – hätte die Party in einem Altenheim stattgefunden, niemand, wirklich niemand hätte sich um Heidi geschert. – Vielleicht kommt sie dieses Halloween als Werwolf, Frosch, Zombie oder Leiche... Gala beobachtet und interpretiert Heidis-Instagram-Account dahingehend so aufmerksam, wie der US-Geheimdienst das Atomprogramm von Nordkorea. Also, ich mag Heidi Klum auch als Oma nicht und aufmerksame Leserinnen dieser Kolumne wissen ja: ich bin bekennender Milf-Hunter (bei Unkenntnis bitte googeln) Gilf-Hunter bin ich nicht.

Nun, seit einigen Jahren erfreut sich die Plastikkürbisse und Kunststoffrüben herstellende Partyspaß-Industrie dieser seltsamen Festivität namens Halloween und heizt das blutrünstige Gruselfest weiterhin an. Ob dieses nun seinen Ursprung im katholischen Irland hat, oder noch älter ist und von den Kelten stammt, wo Druiden genannte heidnische Priester Menschenopfer zelebrierten, is eh wurscht. Wer an Halloween mit Kürbissen, Gespensterklamotten und Kunstblut (rot!) Geschäfte macht, der steht zu diesem 31. Oktober so beglückt und entzückt wie Hitler zum Muttertag oder Fleurop und Douglas zum Valentinstag. Man fragt sich ohnehin, warum (in Deutschland) unlängst eine Diskussion darüber entbrannte, ob man nicht muslimische Feiertage zukünftig feiern sollte „als starkes Zeichen für eine offene Gesellschaft“. Ich finde, da paart sich doch der Weihnachtsmann mit dem Osterhasen. Übrigens fällt Halloween immer (!) auf den „Weltspartag“. Nur, was für ein wahrlich „gespenstischer“ Zusammenhang besteht da? Okay, an Halloween wird im Swingerclub am Textil gespart. Und Banken saugen, mit ihrer Nullzinspolitik, das Ersparte ihrer Kunden auf wie Vampire (rotes) Blut.

Ach ja, der besondere Saft an Halloween! Nix kann man mehr glauben, selbst wenn dieser Saft an Halloween echt rot ist. (Sie sehen, geneigte Leserin, ich nehme noch mal den Anfang dieser Kolumne auf). Also: Vor ein paar Jahren, es war grad Halloween, fiel der kleine Timmy aus dem Fenster seines Kinderzimmers bei Saarbrücken. Das war eine dumme Sache für den Neunjährigen: Er hatte sich bei seinem Sturz die Schulter ausgerenkt und eine schlimme Platzwunde am Kopf, die heftig blutete. Papa und Mama waren nicht daheim und so klingelte der Neunjährige blutüberströmt und desorientiert an verschiedenen Haustüren, um Hilfe zu erflehen. Vergeblich!  "Ja, der Kleine blutete und sein Arm baumelte so komisch herum. Tolles Kostüm, aber ein wenig übertrieben", bestätigte ein Anwohner und gab Timmy ein paar Süßigkeiten.

Später rekonstruierte die Polizei, dass der kleine Timmy an etwa 50 verschiedenen Türen geklingelt hatte und dabei über zehn Kilogramm Süßigkeiten geschenkt bekam. Fünf ausführliche Vorträge erhielt er auch noch, dass eigentlich Reformationstag sei und dreimal wurde er mit dem Gartenschlauch vertrieben. Ein älterer Herr hetzte sogar seinen Dackel auf das verletzte Kind. In den frühen Morgenstunden wurde Timmy dann bedeckt von einem Berg aus Bonbons, Lutschern und Schokolade in einem Vorgarten entdeckt und in ein Krankenhaus eingeliefert. Er überlebte Halloween.

Timmy also hielt man für ein Fake und das, obwohl der kleine Junge nicht türkis blutete. Ich übrigens sage lieber Hallo Wien, statt Halloween, gleichwohl man auch in der Donaumetropole nicht dem Spuk entkommt: In der Ottakringer Brauerei steigt zum Beispiel am 31. Oktober das „Scaryfest 2017 – Vienna’s ULTIMATE Halloween Party“. Dass die Fetischparty „Vienna Calling“ des Veranstalters Sub Rosa Dictum in selbiger Eventlocation nicht mehr stattfindet, „weil zu anstößig“, auf diesen Widerspruch kann ich nur mit einem Sechszehnerblech anstoßen.

Pascal Morché

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Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims. 
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