QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
Orientierungssinn
Wo geht’s lang? Da geht’s lang!
Wegbeschreibung für Fremde, Karte lesen im Auto, Ortskenntnis in der Stadt, das Auto im Parkhaus wiederfinden - die Suche nach dem Weg bestätigt immer wieder das Klischee: Der weibliche Orientierungssinn ist weniger ausgeprägt als jener der Männer. Die Wissenschaft weiß warum.
Es macht doch immer wieder Spaß zu lesen, welche Gedanken sich intelligente Menschen über das schwierige Verhältnis von Mann und Frau machen. Nicht nur hier, sondern zum Beispiel auch bei Immanuel Kant kann man da viel lernen. Der Philosoph hat zwar zeitlebens mit keiner Frau geschlafen und war auch mit keiner verheiratet (allein letzteres zeichnet ihn schon als einen brillanten Denker aus) – eine Definition der Ehe wagte Immanuel Kant trotzdem: Die Ehe sei, so der Philosoph, “der wechselseitige Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen und Vermögen macht."
Weil ich nicht so intelligent wie Kant bin, will ich auch auf den “Gebrauch“ der Geschlechtsorgane keinesfalls verzichten . Aber ich verzichte gern darauf, dem Orientierungssinn einer Frau zu folgen. Nun, Gott und dem US-Verteidigungsministerium sei es gedankt: inzwischen gibt es ja GPS, und wir können uns nun deutlich sicherer fühlen wenn wir mit einer Frau nach dem richtigen Weg suchen. Eine Frau neigt nämlich eher dazu, sich zu verfahren oder zu verlaufen. Sie kann definitiv keine Landkarte und keinen Stadtplan lesen und ihr räumliches Denken unterscheidet sich vollkommen von dem der Männer. Kluge Menschen (übrigens Frauen!) haben das sogar wissenschaftlich nachgewiesen.
Glaubt man den schottischen Wissenschaftlerinnen Catherine Jones und Susan Healy , gibt es zwei grundsätzliche Arten sich zu orientieren: Durch die räumliche Orientierung findet man seinen Weg, indem man vor allem auf Himmelsrichtungen und Entfernungen achtet. Diese Orientierungsweise wählen wir Männer. Fragt man einen Mann nach dem Weg, so ist eine typische, knappe Antwort: „Hier geradeaus und dann nach ungefähr 20 Metern rechts.“
Das weibliche Geschlecht bevorzugt dagegen die visuelle Orientierung . Frauen merken sich markante Punkte in einer Landschaft oder in einer Stadt, um sich zu recht zu finden. Eine Frau sagt deshalb: „Sehen Sie die barocke Kirche da vorne? Dort die Seitenstraße rechts nehmen, dann kommen Sie zu einem Schuhgeschäft und einem Teeladen – der Jasmintee dort ist fantastisch – da müsste dann irgendwann auch ein großer Brunnen sein…“ Die beiden Schottinnen kommen zu dem uncharmanten Ergebnis: Der Orientierungssinn von Männern ist tendenziell tatsächlich besser ausgeprägt. Während Männer beide Orientierungssysteme gleich gut nutzen können, schneiden viele Frauen bei den Tests zur räumlichen Orientierung deutlicher schlechter ab.
Eine mögliche Erklärung hierzu soll sich in der evolutionären Entwicklung des Menschen finden : Die Frau der Urzeit, in ihrer Rolle als Sammlerin, war vor allem darauf angewiesen, sich feste Orte von Nahrungsquellen (heute Supermärkte) einzuprägen. Der Mann hingegen musste auch in der Lage sein, ein Beutetier über weite Entfernungen zu verfolgen (und auf gefahrvolle Weise damalige Supermärkte zu finden). Bei allen Säugetieren führt das Männchen nämlich immer das risikoreichere Leben, weil es früher als das Weibchen das Nest verlässt. Das prägt! Und Sie erahnen ja ohnehin das „risikoreiche Leben“ Ihres Kolumnisten! Während also die Frau in der Höhle oder im Haus zurückblieb und ihr Orientierungssinn auf den mickrigen 20 bis 200 Quadratmetern so langsam verkümmerte, musste der Mann raus und sich orientieren. Beute machen! Nahrung besorgen! Partnerin suchen! Also ist es für Männer seit der Steinzeit quasi lebensnotwendig, einen auf weite Distanzen ausgerichteten Orientierungssinn zu entwickeln. Auch ganz ohne hightech GPS-Navigationssystem.
Ich hätte den Forscherinnen noch sagen können, dass ich schon mehrfach die Erde umrundet habe - nur, weil mir in GPS-technisch prähistorischen Zeiten eine landkartenlesende Frau auf dem Beifahrersitz die falsche Fahrtroute aufzwang. Stellen Sie sich nur die Benzinverschwendung in Folge dieser überflüssig gefahrenen Kilometer vor und die daraus resultierende Umweltbelastung! Miles and much more Elend: das Baumsterben, die Erderwärmung, das Abschmelzen der Polkappen, der Anstieg der Meere, das größer werdende Ozonloch... An alldem sind nur Frauen auf den Beifahrersitzen schuld, die in die falsche Richtung navigieren. Ach, was hätte diese Studie für eine, die Wissenschaften der Psychologie, der Ökologie und Ökonomie revolutionierende Arbeit werden können. Was hätte ich zu erzählen gehabt von dem tiefen Misstrauen, das in einem Mann keimt, wenn eine Frau einen Straßenplan in die Hand nimmt. Dieses Misstrauen, das jeden wechselseitigen Gebrauch der Geschlechtsorgane und des Vermögens dauerhaft zerstört, weil “die nächste rechts" immer auch “die übernächste links" bedeuten könnte. Übrigens: Meine wundervolle Frau bemüht das Navigationsgerät sogar, um zum nächsten Supermarkt zu fahren – obschon sie den Weg dorthin seit Jahren kennen müsste. Seltsam!
Also: Finden sich Frauen auch in der freien Wildbahn, auf Landstrassen und Autobahnen nicht so gut zurecht, so sollen sie sich aber – nach der schottischen Psychostudie – in Höhle, Wohnung und Villa viel besser auskennen als wir Männer. Das stimmt! Frauen haben da einen klaren Heimvorteil. Auch auf 250 Quadratmetern Wohnfläche weiß eine Frau immer genau, wo eine bestimmte Krawatte ihres Mannes hängt, zwischen welchen Kissen auf dem Sofa sich die Fernbedienung versteckt hat, in welcher Schublade der Korkenzieher liegt und wo sie nach dem Lieblingsspielzeug ihres Kindes suchen muß. Nein, da können wir ihnen nichts vormachen. Und auch im Schlafzimmer verlieren Frauen selten die Orientierung. Kluge Frauen wissen beim Sex besser als Männer, wo es lang geht – wahrscheinlich, weil der Richtungswechsel dann ja auch Stellungswechsel heisst. #quietwordspascalmorche
Pascal Morché