QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

„Frauenmagazine“

„Frauen, die lesen, sind gefährlich“, so heißt ein schönes, kluges Buch. Bis Frauen nämlich lesen durften, vergingen einige Jahrhunderte. Lesend eigneten sich Frauen schließlich Wissen an, das ursprünglich nicht für sie bestimmt war – und mit dem sie Männern schaden können. Männer witterten also zu recht die Gefahr, die von der lesenden Frau ausgeht. Deshalb stimmt der Satz: Frauen, die lesen, sind gefährlich. Es stimmt aber leider auch der Satz: Frauen, die Frauenmagazine lesen, sind gefährdet!

Frauenmagazine© iStock_Tuned_In

Das Lesen selbst birgt Risiken und Nebenwirkungen. Zum Beispiel büßen Frauen, die exzessiv Frauenzeitschriften konsumieren, gewaltig an Sehkraft ein. An jener Sehkraft, mit der sie uns Männer betrachten. Frauenzeitschriften malen ein Bild von uns, das es so in der Realität gar nicht gibt. Wir sind nicht so sexy wie Brad Pitt, nicht so kauzig-knautschig wie Jack Nicholson, nicht so sensibel wie Hugh Grant, und kochen können wir auch nicht so gut wie Jamie Oliver. An dieser Stelle schreien Leserinnen  auf: „Und ihr mit euren blöden Männerheften?“ Falsch, liebe Frauen, ganz falsch. Fantasy-Hefte sind das für uns. Den Sixpack-Bauch bekommen wir ebenso wenig antrainiert wie wir das Playboy-Playmate ins Bett bekommen und die 1200 PS des Bugatti Veyron 16.4 Super Sport werden wir auch nie anschmeissen, geschweige denn mit diesem Auto 431 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit fahren.

Wir Männer wissen ganz einfach, dass wir träumen. Frauen wissen das nicht. Frauen meinen, dass es den hochglänzenden Inhalt ihrer Frauenzeitschriften auch ganz real geben müsse – und das er sogar irgendwie verfügbar sein könnte. Frauen glauben an den aktuellen „Western-Look“, an das „Edel-Styling für perfektes Haar“, an die neue „Wellness-Diät“, an die „Modefarbe mauve“. Und leider glauben sie auch an das Image, das männliche Stars in diesen Magazinen mit Hilfe ihrer PR-Agenturen von sich selbst zeichnen. Der Umgang mit fundamental Gläubigen – und dazu gehören Frauen, die den Inhalt von Frauenmagazinen nachbeten – dieser Umgang macht in jedem Fall und in jeder Religion fassungslos.

Ich jedenfalls verstehe nicht, dass „das große ultimative Lust-Special“ wirkliche ultimativ sachdienliche Erkenntnisse zum Geschlechtsverkehr bringen soll, wenn das Special alle drei Monate wiederholt werden muß. Überhaupt: „Orgasmustips“; „Sex-Studien“; „Tabu-Themen“. Ach Gott!, oder gendermainstreamig: Ach, Göttin!

Die besten „Übungen fürs Beckenbodentraining“ handeln also nicht von einer Putzanleitung für den Swimmingpool; das große Tabuthema: „Masturbieren zu zweit – reden Sie offen mit Ihrem Partner!“ lässt mich überlegen: Reden? Und die verzweifelte Frage einer Eiweiss-entsagenden Veganerin. „Darf ich trotzdem Spermaschlucken?“ lässt mich den Kopf schütteln. Sex muß eine große Mühsal sein und mangelnde Vaginalfeuchtigkeit ein ewiges Thema. Schade eigentlich, oder? Also, verlassen wir das heikle Thema Sex.

Frauen lieben nämlich auch Wohnzeitschriften . „Ich hol mir da bloß Anregungen“, sagen sie. Resultat: Nestumräumwahn. Auf einem Minimum an Wohnfläche kann eine Frau – mit Hilfe von Wohnzeitschriften – ein Maximum an Phantasie entwickeln. Die Lust umzuräumen lässt sich nicht durch Quadratmeterzahlen eingrenzen. Wir kennen doch alle diese Grundrisse, bei denen der Architekt sich „was gedacht“ hat: „Wohnen“, „Schlafen“, „Kind 1“, „Kind 2“. Wohnungen für Eltern mit 1,7 Kindern. Übrigens: Haben Sie eigentlich schon einmal 1,7 Kinder gesehen? Ich nicht.

Der durch Wohnzeitschriften herbeigeschriebene Umräum- und Einrichtungswahn sieht im harmlosen Fall so aus: Eine Wand, bisher in toskanisch weichem Gelb, soll nun in dänisch kräftigem Blau erstrahlen. Wo gestern noch etwas Abstraktes hing, wird jetzt der Stahlstich einer englischen Entenjagd angedübelt und das nur, weil es als neuer Trend in einer Wohnzeitschrift stand. Manchmal kommt ein Mann nach Hause und glaubt, er habe sich in der Wohnung geirrt. Ein Heimatgefühl empfindet er dann nur noch im Büro oder im „Kempinski“.

Frauenmagazine, besonders Modemagazine sind wahre Glaubensbekenntnisse. Aber schlimmstenfalls kann der Konsum von Modemagazinen bei Frauen sogar zum Tode führen. Schon Flauberts Emma Bovary brachte sich um, weil ihr Leben an der Seite eines einfachen Landarztes in der Normandie nie so glamourös war, wie sie es sich erträumte, wenn sie Modejournale aus der fernen Hauptstadt Paris in ihre Finger bekam. Wenn wir Männer einmal in Frauenmagazinen blättern, so schärft das unseren Blick. Zum einen erhoffen wir dann Antworten auf unsere drängendsten Fragen zu bekommen: Warum bloß müssen Frauen im Restaurant immer zu zweit auf die Toilette gehen? Warum nur brauchen sie 300 Paar Schuhe? Drücken eigentlich die Druckknöpfe oder Häckchen vom Body genau an der Stelle, an der sie sitzen? Aber nicht nur unser Blick wird geschärft; auch unsere Nase: Wir müssen nur den Duftstreifen eines neuen Parfüms abreißen und daran rubbeln. Entweder wissen wir dann, worauf wir uns demnächst freuen können – oder wir bekommen höllische Kopfschmerzen. Risiken und Nebenwirkungen von Frauenmagazinen können eben fatal sein. Auch für uns Männer. #quietwordspascalmorche

Pascal Morché

QUIET WORDS - Alle Kolumnen