QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ
Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser
die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier
exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
„Fifty Shades of Brown“
Das Schlagen eines Pfauenrads und das Starten eines Ferrari ist so ziemlich dasselbe: Balzverhalten. Ein Gebiet, auf dem Männer den Frauen seit jeher überlegen sind. Die männlichen Enten sind bunter, die männlichen Löwen prächtiger, und selbst der männliche Leguan hat eine ansprechendere Lederhaut als sein weibliches Pendant. Inzwischen ist aus dem Tier ein Mann geworden und nichts hat sich am Balzverhalten geändert: Oder will jemand ernsthaft bestreiten, dass eines Mannes Ferrari schöner ist als der japanische Kleinwagen einer Frau? Eben, wir Männer sind uns treu geblieben – eine Veränderung hätte auch Mühe gemacht und Phantasie vorausgesetzt. Damit haben wir es nicht unbedingt so sehr.
Wer sich aber nicht treu blieb, das waren die Frauen. Sie wollten uns Männer auf der Emanzipationsspur rechts überholen. Und sie haben es geschafft: Raus aus dem Kleinwagen, rein in den Porsche; weg mit dem zarten Damenarmbandührchen, die massive Taucheruhr ans Handgelenk geschnallt und den scheinselbstständigen jungen Lover gönnt sie sich on top noch dazu. Hat sie sich sowieso alles selbst verdient! Alles selbst bezahlt! – Ja, da sieht der Mann nun in seinem Macho-Zoo ziemlich alt aus und denkt an die schönen alten Zeiten. Vielleicht meint er, dass die Welt noch in einem Verein zur Rettung des Reitens im Damensattel in Ordnung sei. Doch auch das bietet wenig Trost. Und deshalb ist der Mann heute grundsätzlich tief, tief traurig, weil ihm die Frauen seine vielen schönen Spielsachen weggenommen haben – und das auch noch Emanzipation nennen.
Woran kann, soll sich der Mann also noch festhalten? Richtig: An einer Zigarre ! Naturgemäß an einer guten Zigarre. Also an einer Zigarre, die zum Beispiel von Davidoff hergestellt wurde. Doch Vorsicht: Auch diese letzte Männerbastion, die des Zigarrerauchens, soll sich nun buchstäblich in blauem Dunst auflösen. Das ist zumindest im Sinne der Tabakindustrie. „Die Zigarre war lange ein Macho-Produkt“, verkündet der Däne Hans-Kristian Hoejsgaard, Chef des Unternehmens Davidoff. Mit diesem Klischee als Macho-Produkt soll Schluss sein. „Wir schauen natürlich darauf, wer unsere Produkte kauft – und es sind bis zu 10 % Frauen. Da gibt es ein großes Wachstumspotenzial.“
Nun ja: Frauen die Zigarren rauchen, das ist eher eine Randsportart im Bereich der sinnlichen Genüsse: Die Dichterin George Sand rauchte Zigarren, Marlene Dietrich wurde damit gesehen und auch Demi Moore, Sharon Stone und Madonna liessen sich schon Zigarre rauchend ablichten. Aber was heißt das schon? Breitenwirksam hat sich das felatiöse Glück bei Frauen bis heute nicht wirklich einstellen wollen, wenn sie an einem Glimmstengel von Dildogröße saugen.
Zehn Prozent Frauenanteil, das ist nicht wirklich viel bei der Konsumierung eines Nischenprodukts wie es teure Zigarren zweifellos sind. Das soll nun aber anders werden, sagt sich Davidoff und flog den Autor dieser Beauty.at-Kolumne in die Dominikanische Republik, um Tabakplantagen, Zigarrenfabriken und karibisches beachlife zu erleben. Eine feine Sache zumal im Februar - denn dort ist es warm und hier ist es kalt.
Euer Autor liebt ja die Frauen und ein Frauenprodukt sind Zigarren seit je : Frauen ernten die Tabakblätter, Frauen hängen diese Blätter zum Trocknen auf und natürlich rollen Frauen am Ende die Zigarren. Vor allem aber sind es Frauen, die die jeweils passenden braunen Tabakblätter für jene perfekten, betörenden, unverwechselbaren Mischungen, eben für jenen „blend“ einer Zigarre auswählen.
Dafür müssen sie die feinsten Farbnuancen der Farbe braun erkennen und unterscheiden können. Und sie können es: 50 shades of Brown, für Frauen kein Problem. Ein Erfolg der Tatsache, dass ihre Augen anders konstruiert sind: Auf der männlichen Netzhaut sorgen sieben Millionen stäbchenförmige Zellen für die Farbwahrnehmung. Frauen aber verfügen über doppelt so viele Zellen. Daraus folgt: wer besser sieht, sortiert Tabakblätter. Da schaust: Davidoff- Zigarren werden zu 90 Prozent von Frauen hergestellt, aber nur 10 Prozent aller Davidoff-Zigarren enden zwischen den Lippen einer Frau.
Die Zigarre, ein Produkt von Frauen für Frauen? – das kann man also nicht behaupten. Aber bei Davidoff arbeitet man kontinuierlich an der Ausweitung der Dampfzone: „Welcome at our Davidoff Ladies’ Masterclass No. 6 in La Romana“! Tatsächlich fand in einem karibischen Café jenes lieblichen Retortendorfes Altos de Chavón, in dem schon Michael Jackson seiner Lisa Marie Presley das Ja-Wort gab, ein launiger workshop zur Steigerung weiblichen Zigarrenkonsums statt. Schon in Wien, London, Amsterdam und Brüssel hatte Davidoff bereits ähnliche Rauchzeichen aufsteigen lassen, um bei einem „nicht geschlechtsspezifischem Vortrag“ über Zigarren die Klientel der Zigarre rauchenden Frauen zu vergrößern.
In lauer Mondnacht bei karibischer Musik und eben solchem fingerfood erfuhren Männer und einige Frauen viel über „Exquisitos Longfiller Cigarillos“, über die „Millennium Blend“-Series (15,6 cm Länge!), über „Puro d'Oro“-Series oder über Robustos. Mit Legenden wurde aufgeräumt: „es ist falsch zu glauben, Frauen rauchen leichte dünne“; zur richtigen Handhabung der Zigarre wurde erklärt: „die Bauchbinde, jene Banderole, nicht runterkletzeln, man könnte dabei das Deckblatt verletzen.“; und beruhigend auch zu erfahren: „es ist völlig wurscht „wie“ man eine Zigarre hält. Hauptsache, man fühlt sich wohl.“
Das Unternehmen Davidoff gibt sich redlich Mühe, dass jenes exklusive Männerspielzeug Zigarre kein reines Männerspielzeug mehr bleibt. Aber ich fürchte, es ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Eher ist ein eingeschworener Raucher von seiner post-koitalen Zigarette abzubringen, als dass man eine Frau vom prä-koitalen Zigarrerauchen bei Rotwein und Kerzenschein überzeugen kann. Sie haben einfach andere Spielsachen, solche die nicht in blauem Dunst aufgehen: Schuhe, Handtaschen, Lippenstifte... und das ist gut so. #quietwordspascalmorche
Pascal Morché