QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
Es ist der Hammer!
Frauen und Handwerker – mehr Sexismus geht nicht, mehr Anziehungskraft aber auch nicht. Warum?
Den Herrn Freud aus der Berggasse 19 in Wien, den mag ich ja wirklich gern. Nicht, weil er seine Patienten (und Patientinnen!) flachlegte; also auf der Couch platzierte, diesem berühmten Sofa voller Teppiche und Decken. Nein, Sigmund Freud hat uns wunderbare Begriffspaare geschenkt. Zum Beispiel „Angst und Hysterie“ oder „der Witz und das Unbewußte“. Über das erste schreibe ich nicht, (ich will ja nicht zu viel von mir berichten) und an das Unbewußte und den Witz musste ich heute denken, als der Maler bei mir war. Also, ich bin nicht Baselitz Modell gesessen, nein, meine Wohnung wurde ausgemalt. Wir wissen ja von dem berühmten Herrn Schicklgruber, der unter dem Namen seiner Mutter noch viel berühmter wurde, dass man zwischen Maler und Anstreicher deutlich unterscheiden muß. So gesehen, war heute also der Anstreicher bei mir.
Ich bin ein Mann und komme mit Handwerkern recht gut klar. Texte zu schreiben, ist ja auch ein Handwerk. Maler, Maurer, Tischler, Elektriker, Installateure und ich... wir verstehen uns. Die Wohnung war schnell gestrichen, super sauber gearbeitet, alles zuvor mit Folie abgedeckt.
Ja, wahrscheinlich lag es an der Folie. Sexspiele in Frischhaltefolie, diese special interest BDSM-Variante will ich Ihnen ja nicht vorenthalten. Sie, geneigte Leserin, können und sollen sexuell aus jeder meiner Kolumnen etwas lernen. Sie können aus diesen Texten „einen Mehrwert rausziehen“ wie man so sagt. Also, man kann sich von seinem Partner in Frischhaltefolie einwickeln lassen und dann Sex haben. Geht auf den Kreislauf, man schwitzt heftig; aber: einfach googeln! Ich weiß, ich empfehle das jedes Mal. Warum auch nicht, ich bau’ auf Ihren Bildungshunger! Geben Sie diesem Hunger nach und klicken Sie mal „Sex in Frischhaltefolie“.
Gut, der Maler und ich, wir beide sind Männer. Aber ich fragte mich heute: Warum beginnen besonders schlechte Pornofilme so oft mit einer Handwerkerszene? Handwerker und Frauen! Das ist so ziemlich das Billigste, das Offensichtlichste und Abgeschmackteste, was es gibt. Deshalb eben Freud: Der Witz und das Unbewußte! Vielleicht ist das nämlich tatsächlich eine Frauenphantasie. Vielleicht schlummert da ja unbewußt wirklich der Wunsch nach deftigem „rough“ Sex mit dem Installateur: „Mal ein Rohr verlegen...“ Hahaha! Hohoho! Und doch, ich kann das ja auch irgendwie verstehen: Ein Handwerker, das ist ein richtiger Mann. Analog und manuell orientiert; ganz anders als diese digital, abstrakt ausgerichteten Marketingfuzzis, Derivatehändler, Börsenmakler, ITler, Computerspieleentwickler. Handwerker: Das sind Männer, die noch richtig konkret schwitzen; Männer, die mit ihren Händen arbeiten. Männer ohne Scheu vor Dreck. Und guter Sex ist nun einmal schmutzig. Vielleicht ein verständlicher Wunsch, mal mit einem Maurer oder Elektriker „richtigen“ Sex zu haben; und nicht mit so einem ITler, der sich schon im Schweigekloster finden wollte und ansonsten vegan lebt. Statt einem, der gerne fühlen möchte, aber nicht kann, doch lieber einen, der nicht fühlt, aber immer kann. Oder? Also, ein Fleischhauer hat doch ohnehin einen viel haptischeren Umgang mit Fleisch als beispielsweise ein Börsenmakler. Und auch ein Fleischhauer ist irgendwie sensibel und empfiehlt Herz.
Ach, ich kann verstehen, dass sich Frauen (unbewußt, obacht Freud!) auch mal nach Männern sehnen, die richtig zupacken. Deshalb die blöden Witze, die Anzüglichkeiten und der offenkundige Sexismus: „Maler haben die besten Pinsel“, oder „Nicht alles was leckt, ist ein Fall für den Installateur“. Übrigens: „Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“, ist von Friedrich Schiller, steht im „Wilhelm Tell“. Männer haben eben doch auch einen Hang zum Küchenpersonal. Also zumindest Graf Almaviva. Warum soll es Frauen anders gehen. Männer und Frauen sind doch gleich; das wollen wir doch mal festhalten. Ganz fest. Ich würde in dieser Kolumne nie, niemals etwas anderes behaupten. „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ war ja schließlich auch ein irrer Erfolg, der UPS-, Hermes- oder DHL-Mann klingelt manchmal sogar dreimal.
Also, Frauen, träumt nicht nur (unbewußt) vom verschwitzten, muskelbepackten, tätowierten Bauarbeiter. Seid emanzipiert und nehmt ihn euch! Liz Taylor oder Madonna hatten damit nie ein Problem. Und außerdem ist ein Bauarbeiter meist ehrlicher als ein Derivatehändler oder Computerspiele-Entwickler. Das liegt ganz einfach „in der Natur“ der zu behandelnden Sachen.
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ
Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser
die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier
exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
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