QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
DUFTE DÜFTE
Weihnachten vorbei! 2017 verduftet! Ihr Kolumnist schnüffelt sich ins Jahr 2018
Da bin ich wieder, Ihr Beauty.at-Lieblingskolumnist. Der Bösbär der Redaktion! Bevor ich Ihnen ein gutes neues Jahr wünsche, frage ich Sie: Hat Ihr Mann es wieder getan zu Weihnachten? Hat er Ihnen wieder einen Duft, ein Parfüm geschenkt?
Natürlich hoffe ich, Sie haben keinen jener Männer als Lebensmenschen, die noch am 23. Dezember ratlos bei Marionnaud oder Douglas reinstolpern und „Kanal Nummer fünf im Atomspritzer“ stammeln.
Es gibt so Männer, aber nicht an Ihrer Seite, liebe Leserin. Also: „Chanel No 5 im Atomizer“ ist ein Traumduft, finde ich. Die meisten Frauen finden das leider nicht (mehr). Chanel No 5 entfaltet sich übrigens ganz fantastisch in Kombination mit dem Duft von Latex-Outfit, da kann ich schier wahnsinnig werden – aber das ist eine ganz andere Geschichte. Ich wollte nur - indezent wie immer - zu der Tatsache überleiten, dass Männer mit der Flut an Düften, diesem Überangebot für Nase und Badezimmerkonsole, vollkommen überfordert sind. Gut, sogar die Nase des Mannes (nicht unbedingt der Trieb des Johannes) hat sich weiterentwickelt: Nach Pitralon, Tabac (völlig unterschätzt!), Sir Irish Moos und Davidoff Cool Water hat er es heute immerhin bis zu CK one von Calvin Klein geschafft. Das war evolutionstechnisch ein weiter Weg für die Nase eines Mannes – für die einer Frau war er kurz.
Männer, in vielem hilflos, versagen nämlich völlig beim Schnüffeln.
Düfte sind für sie mit Assoziationen besetzt. Eine der ersten Frauen, mit denen ich Sex hatte, trug das Parfüm meiner Mutter: „Opium“ von Yves Saint Laurent. Zum Einen erkennen Sie an diesem Duft, dass ich schon zu Beginn meiner sexuellen Karriere der hier mehrfach erwähnte „Milfhunter“ war, denn wer sonst trägt „Opium“? Zum Anderen kann ich Ihnen sagen: Den Duft der Mutter an der ersten Frau zu riechen, löste ein sexuell derart katastrophales Ergebnis aus, an dessen Vehemenz gemessen das Erinnerungsvermögen, welches mit dem Genuss jener berühmten Proustschen Madeleine einhergeht, absolut harmlos blieb. Dennoch liebe ich „Opium“ bis heute. Karl Lagerfeld sagt: „Ein Duft muß die besten Augenblicke des Lebens wieder wachrufen“ und so finde auch ich in "Opium" den Duft der verlorenen Zeit: "Opium" riecht nach dem Sound von Abba, nach Flokati-Teppich, einem Plakat des Musicals Hair, nach Afri Cola, Overknees aus Knautschlack und der Barbarella-Frisur von Jane Fonda. Welcome back Seventies! Heute ist der Duft "Opium" so anachronistisch wie ein Fuchsschwanz am Autoschlüssel. Okay, es gibt diesen Duft von Yves Saint Laurent noch immer – aber völlig kastriert. Zum Heulen!
Mein eigener Duftweg ist schnell beschrieben und ebenfalls ein Ritt durch die vergangenen Jahrzehnte.
Erst die 70er-Jahre: Auf Azzaro folgte Halston z14; in den 80ern hatte ich eine Chanel Antaeus-Phase und seit vielen Jahren nun bevorzuge ich Knize Ten (im Sommer manchmal Hermès „Eau d'Orange Verte“). Thats it! Olfaktorisch bewege ich mich also auf hohem Niveau. (Übrigens habe ich gelernt, dass es ungemein chic ist, das Wort olfaktorisch im Zusammenhang mit Riechen zu benutzen; haptisch kann heute ja jeder sagen.) Was mir aber viel wichtiger ist, dass Sie liebe Leserin wissen, dass ich es ganz und gar nicht mag, wenn Frauen ihr Parfüm häufig wechseln. Sie wechseln für mich dann irgendwie ihre Identität. Sie lösen olfaktorische Irritationen in meinem Nervensystem aus. Fast so schlimm wie Unisex-Düfte: Wenn meine Frau riecht wie mein Chef und der stinkt mir. Nein, Unisex-Düfte haben bei mir überhaupt keine Chance; ich besuche auch kein Gender-Seminar.
Nun kann man sich dem Thema Duft und Parfüm von vielen Seiten aus nähern.
Psychologisch, chemisch, kulturhistorisch oder auch mörderisch (Süskind). Für mich stand das Psychologische immer im Vordergrund. Welcher Frauentyp bevorzugt welches Parfüm? Die von mir verehrte Frau benutzt (kann man Parfüms überhaupt benutzen?); also, die von mir verehrte Frau „trägt“ zwei völlig abgedrehte Düfte: „Odin 11“und „Blackpepper“ von Comme des Garcons. „Odin 11“ ist auch für Nicht-Wagnerianer und Non-Gothics der Hammer! Purer Sex und nämliches gilt für „Blackpepper“. Diese zwei Parfüms sind wahre Nahkampfwaffen. Und sie sind auch noch nicht soooo lange auf dem Markt. Ich komme zum Problem, das ich ausgemacht zu haben glaube: Es gibt immer mehr verschiedenartige, aufregende, faszinierende Düfte – und die Menschen, die sie tragen sollen, werden immer uniformer, einheitlicher, langweiliger; immer weniger aufregend und immer seltener faszinierend. Bleibt am Ende wieder die Erkenntnis: „Aura“ kann man sich nicht kaufen – und ein Duft trägt wesentlich zur Aura eines Menschen bei. Aura war übrigens die griechische Göttin der Morgenbrise: Man darf sicher sein: Ein wenig Bergamotte, wenig Moschus. Nix schweres am Morgen. Ich wünsche Ihnen ein wohlriechendes, ein duftendes, doch bitte auch kein überparfümiertes Jahr 2018!
Pascal Morché
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ
Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser
die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier
exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
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