QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
Textiles im Bad!
Nicht ganz trocken hinter den Ohren? Vom Trocknen und von Trockenem.
Wer schon vor Corona einsam war, der ist jetzt klar im Vorteil. Wer schon vor Corona bei sich zu Hause sein Paradies suchte, dem fallen Ausgangssperren jetzt leichter. Und wer sich schon früher auf sieben Quadratmetern „Nasszelle“ seine „Wohlfühloase“ schuf, den können geschlossene Thermen und SPAs buchstäblich „kalt“ lassen. Sonst hilft nur Träumen, von der Oase.
Zwar behauptet ein beduinisches Sprichwort, dass es nur träumenden Kamelen gelingt, eine Oase zu erreichen, aber Träumen kann man auch selbst. Sie ahnen es: In dieser Kolumne dreht sich alles um die Oase in der Wohnung. Es geht um das Bad, aber nicht um Duschöle und Badeesszenzen; nicht um Luffa-Schwämme oder Ionen-Bürsten. Vielmehr betrachten wir Badetücher, Handtücher, Bademäntel; die sind übrigens der Hauptgrund für trockene Haut.
Zu den Badtextilien gehört mitunter auch noch der Waschlappen. Nur ist der doch eher ein Körperpflegerequisit, das nicht wirklich hygienisch ist und sich somit nicht auf der höchsten Pflegestufe unserer Zeit befindet. Entdeckt eine Frau einen Waschlappen in einem Männerhaushalt, so sollte sie (die Frau) ihn (den Waschlappen) sofort in die Mülltonne expedieren und die Beziehung zu dem Waschlappen (dem Mann) beenden. Aber wir wollen hier ja über schönes Textil im Badezimmer berichten.
Das Schöne hängt leider immer anderswo. Im Hotel zum Beispiel (Vier Sterne aufwärts). Zwar ist auch dort der Badezimmerspiegel so rücksichtsvoll, dass er beschlägt, wenn wir aus der Dusche kommen. Aber es gibt dort natürlich Badetücher, die sind sooo flauschig, sooo weiß, sooo weich und sooo duftend... All diese Attribute gelten natürlich auch für wohlig kuschelige und wahrscheinlich von Origami-Künstlern gefaltete Bademäntel in Hotels. Diese Kuschelträume sind zumeist von Möve, Framsohn, zumindest aber von Vossen oder Egeria (Der Kolumnist ist nicht gehalten, Firmen oder Markennamen zu nennen. Aber ein Möve Superwuschel Duschtuch, 100 x 160 cm ist nicht hoch genug zu preisen).
Tun Sie’s nicht, denn man tut es nicht! Klauen Sie keine Badetücher oder gar Bademäntel in Hotels! Denn wer glaubt, mit diesem textilen Diebesgut einen Hauch Luxus in die heimische 7 Quadratmeter Nasszelle zu retten, der irrt. Als wollten sich gestohlene Textilien für den Raub rächen, verlieren sie daheim schnell ihr kuscheliges Hotelfeeling. (Ein Effekt, wie beim Wein: dieser schmeckt im Urlaub wunderbar. Glückselig kauft (nicht klaut) man ein paar Flaschen und ist zu Hause davon enttäuscht.) Vom flauschigen Glück eines Hotelbadetuchs oder Hotelbademantels bleibt wenig. Und auch die textilen Badeschlapfen aus dem Luxushotel sollte man entsorgen, bevor sie eine Waschmaschine von innen sehen. Daraus kehren sie nämlich nicht ansehnlich zurück. Sie sind dann kein Statussymbol mehr im Badezimmer, sondern nur noch eine labbrige Gummisohle mit etwas traurigem Textil und einem kaum mehr lesbaren Hotelnamen.
Und wie sieht es textilmäßig in der heimischen „Nasszelle“ aus? Eben! Möve Superwuschel ist abgestürzt! Die Badetücher: brettlhart und leicht ergraut; Bademäntel hängen hier so lustlos am Haken wie Michelangelos Selbstporträt als abgezogene Haut in der Sixtinischen Kapelle (Googeln bildet!). Ihr Kolumnist bekam unlängst einen wunderschönen weichen weißen, samtigen und todschicken Bademantel mit schwarzer Paspelierung geschenkt. Obwohl er kein wirklicher Bademantelfan ist (zu kühl untenrum) zieht er ihn jeder Jogginghose vor: in Trauerrand gefasste Revers wirken einfach irre vornehm.
Gelobt sei Frottee! Jenes Textilgewebe verdankt dem französischen Verb frotter (ab- oder einreiben) seinen Namen. Die Existenz von Frottee ist ein wunderbarer Zufall in der Menschheitsgeschichte, denn niemand wollte jemals Frottee erfinden. Dem Webfehler einer Maschine, die präzise immer wieder einen Faden zog, ist Frottee als Zufallsprodukt zu verdanken. Und seine Haut zu frottieren, ist wahrhaftig etwas anderes als sie nur abzurubbeln.
Wie es Frauen allerdings gelingt, sich ein Handtuch als Turban um den Kopf zu wickeln, wird immer eine der großen Fragen im Leben eines Mannes bleiben. Und sonstiges Textil im Badezimmer? Von Badvorlegern, deren Hochflor sich als Katzenstreumagnet erweisen und von textilen Klodeckelüberzügen sprechen wir an dieser Stelle nicht. Und bleiben Badästheten, die ihren Leib in flauschiges Frottee wickeln. Denn das gilt immer und auch außerhalb des Badezimmers: Seinem Leib sollte man Gutes tun, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.
ÜBER DEN AUTOR
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ
Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser
die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier
exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
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