QUIET WORDS
Betrachtungen des ultimativ Weiblichen
„Es summt und summst!“
Von Bienen und Menschen, Honig und Hautcreme, Gesetz und Gesang: Ohne diese kleinen gelben Viecher mit Stachel geht nichts im Leben.
Nein, nicht wieder Corona! Heute schreiben wir mal über etwas Schönes, über Bienen! Am 20. Mai ist nämlich „Weltbienentag“. Natürlich ist es schicker „Bee Day“ zu sagen; klingt zwar wie D-Day, aber wer denkt beim Bienenflug schon an Normandie-Landung?
Der „Weltbienentag“ wird gefeiert, da mach’ ich gerne mit . Habe schließlich mit 1,8 Millionen anderen Menschen (in Bayern) vergangenes Jahr das Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen!“ unterschrieben. Dass ich soviel direkte Demokratie wagte, zeigt ja auch: Mir liegt an den Tierchen. „Wenn die Bienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben; keine Bienen mehr, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen mehr“, das sagte schon Albert Einstein. Also erst stirbt die Biene, dann stirbt der Mensch. Wobei ich das mit dem Menschen nicht so bedauerlich finde. Aber da meine Chefin weiß, wie spöttisch ich bin und Sie, geneigte Leserin, mich ja auch inzwischen kennen, will ich gestehen: Ich bin nicht von Bienenfleiß beseelt und doch gelingt es mir vielleicht, aus diesem Thema etwas Honig zu saugen. Die französische Luxus-Marke Guerlain versucht das ja schließlich auch.
„Zum Weltbienentag sagt Guerlain den Bienen für ihr flüssiges Gold, das in der Pflegelinie „Abeille Royale“ die wichtigste Rolle spielt, Danke“, so vermeldet das Mode- und Kosmetikhaus. Die Bienen freuen sich sicher für die liebe Danksagung der PR- und Marketing-Abteilung. Honig für die Gesichtshaut, das ist eine prima Sache! Man sagt ja auch „jemandem Honig ums Maul schmieren“. Das fleissige Insekt ist übrigens schon seit 1853 Symbol des Hauses Guerlain: die Duftflakons mit 69 Bienen (für Kaiserin Eugénie gefertigt) erinnern daran. Ich verstehe nichts von Guerlains ausgetüftelter „BlackBee Repair Technology“, nichts vom „Gelee Royale“ und auch der „Honig der Schwarzen Biene“ sagt mir wenig. Aber ich staune immer wieder, was gegen Hautalterung alles schon entdeckt wurde – meine Mutter legte sich noch Gurkenscheiben auf die Augenlider.
Nüchtern betrachtet, also nicht so wie nach vier Maß bei einer Biergarten-Diskussion über die Heisenbergsche Unschärferelation, muss ich sagen: Ich bleibe Nivea -Creme (in der Tube! Ihr lieben Leute bei Beiersdorf) treu. Und natürlich den Bienen! Nein, es wird nicht sexistisch, auch diese Kolumne soll sein wie eine Biene selbst: Mit Honig und mit Stachel. Also Frauen sind so wenig Bienen wie sie Hasen sind. Solche peinliche Anleihen an die Fauna gehören definitiv in die 50er- und 60-er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als diese Namen auch noch Adjektive herumschleppen mussten wie „kess“, „flott“ oder „süss“. Die „flotte Biene“ hat nur als Honigmarke von Langnese überlebt. Das Lied zur deutsch-japanischen Zeichentrick-Fernsehserie „Biene Maja“ von Karel Gott (1977) und Helene Fischer (2013) kennt hoffentlich jeder; kaum jemand kennt das Kinderbuch „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“ von Waldemar Bonsels. Das erschien 1912. Ist ja auch lange her. Seinem Autor brachte die Erfolgsbiene eine Villa am Starnberger See und ein Ferienhaus auf Capri. Sich mit Bienen einzulassen ist also niemals ein Fehler.
Allerdings kann es strafrechtliche Folgen haben. Bienenvölker aller Länder vereinigt euch! Zu den Eigentumsverhältnissen, die entstehen, wenn ein Bienenvolk in eine fremde Bienenwohnung einzieht, hat das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland einiges zu sagen. (§ 961 - §964). Sie denken, das ist typisch deutsch, wo alles geregelt ist? Dann blättern Sie mal in der „Rechtsvorschrift für Haltung und Zucht von Bienen“ des Österreichischen Landesrechts: In §10 heißt es da: „Jede Wanderung mit Bienen innerhalb Wiens und nach Wien darf erst nach Ausstellung einer Wanderkarte nach dem Muster der Anlage 1 durch die Landwirtschaftskammer für Wien erfolgen.“ Auch der Paragraph 16 „Reinzuchtgebiet“ macht viel Spaß, außer natürlich man ist Imker und muss solches mit heiligem Ernst lesen und wissen. Ich jedenfalls gehe in Wien nicht mit Bienen wandern. Wär’ ja noch schöner: Ich und meine Biene am Graben. Zwischen Knize und Hérmès ist nämlich mein Biotop mit perfekt funktionierendem Ökosystem. Dort, wie überall, verhalte ich mich so, wie es Muhammad Ali schon empfahl: „Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene“. Mit dieser Choreographie ist der Mann immerhin Boxweltmeister geworden. Eine Weisheit, die ich gerne beherzige, auch ohne dafür im Boxring zu stehen.
QUIET WORDS
ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ
Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser
die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier
exklusiv niederschreibt.
Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.
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