QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

AUF REISEN

Es gibt zwei Arten zu reisen: Erster Klasse oder mit Kindern. Seit Björn ziehe ich erste Klasse vor. Nicht, dass ich Kinder nicht mag. Ganz im Gegenteil! Aber beim Einchecken nach Antalya mit meiner damaligen Freundin und ihrem Sohn, hatte unser Gepäck so unglaublich viel Übergewicht, dass wir besser den Frachtflieger genommen hätten. „Björn, hast du die Hanteln dabei?“, fragte meine Freundin. Er hatte!

Reisen© iStock_mikosca

Auch wegen eines ungestörten Sexuallebens während der Ferien ziehe ich inzwischen das Reisen mit Frauen ohne Kindern vor. Das Gepäck wurde dennoch nicht immer leichter und die Überraschungen an den Sicherheitskontrollen der Flughäfen auch nicht weniger: Intimpiercings lösten zum Beispiel bei Sensoren immer wieder lautes Piepsen aus. Ja, sorry, liebe Leserin, ich habe eben  so einige Erfahrungen gemacht im Leben.

Dazu gehört auch eine ganz besonders ernährungsbewußte Freundin. Sie schleppte einmal ihre eigene Yoghurt-Maschine mit nach Palma: „Ich vertraue nur selbst angesetzten Pilzkulturen!“. Okay, die Beziehung ist beendet. Übrigens auch mit jener Frau, die nach dem Durchleuchten ihrer Gepäckstücke beim Sicherheits-Check die Handschellen abgeben mußte, die ich ihr als Sex-Spielzeug geschenkt hatte. Die Balken über dem Hotelbett in Ibiza blieben ungenutzt. Schade. Dennoch verreise ich immer wieder gerne mit einer Frau. Unterwegs frage ich mich dann aber manchmal wo der Erholungswert bleibt. Ich meine: meiner.

Nun rangiert der Wunsch zu verreisen auf der Wunschskala von Frauen ganz, ganz weit oben. Und können liebende Männer einer Frau einen Wunsch versagen? Nein, können und sollen sie nicht. Aber, ich habe immer wieder festgestellt, dass Frauen zunächst mit ihrem Reisewunsch und ihrem Laptop wochenlang ins Bett gehen. Sie surfen halbe Nächte auf booking.com-trivago-HRS-Vueling.com und wie sie alle heißen, die Reise-Portale im Internet. Oder sie kleben ganz viele, sehr gelbe Post-it-Zettel in Urlaubs-Kataloge und machen mit schwarzen Markerstiften dicke Kringel und Ausrufezeichen um azurblaue Hotelpools. Oft ordnen sie auch nächtens die vielen Ausschnitte, die sie aus Hochglanzmagazinen gerissen haben: Städtetouren, Wellness-Angebote, Kuschelwochenenden, Hotelempfehlungen; meist nicht unter 300€ pro Person und Nacht. Ja, wenn eine geliebte Frau über längere Zeit abends papierraschelnd im Bett liegt, kann ein Mann sicher sein, dass der Tag naht, an dem sie ihn mit zwei Flugtickets überrascht:„Ich habe alles schon gebucht, lass dich einfach überraschen!“

Wenn ein Mann als Frequent Traveller dreimal die Woche über Flughäfen hetzt, um seinen Flieger zu bekommen, ist er zwar irgendwie gerührt einmal in einem Charterbomber zu erleben, wie um ihn herum Menschen bei der Landung klatschen – aber meist will er überhaupt kein Flugzeug besteigen. Auch keinen fensterlosen Cargo-Flieger, der sich bei dem vielen Gepäck, das eine Frau immer in die Ferien mitnimmt, geradezu anbietet. Ein Mann ist leider meist nicht sehr kreativ und er umgeht jenseits des Jobs möglichst jede geistige Anstrengung: Er will Ruhe und Entspannung – vor allem im Urlaub.

Nun suchen auch Frauen im Urlaub meist Ruhe, Entspannung, Wellness und Kultur. Ja, das kann auch sehr schön sein. Ein paar Tage Wellness-Center mit Wohlfühl-Angeboten für Körper, Geist und Seele lassen sich – für einen Mann – ebenso erholsam nutzen wie für eine Frau. Während sie Kurse in „Chi Gong“, „Indischem Tempeltanz“, „Yoga“ oder „Intuitivem Tarot“ belegt und dabei „wahnsinng positive energies“ bekommt, sitzt er ganz entspannt am Pool mit einem Drink und kann ungestört lesen. Ach, es könnte so schön sein: Während sie mit dem Masseur in dessen Kabine verschwindet, sich Ayurveda-Kuren hingibt und unter Beauty-Masken fast erstickt, könnte er in Ruhe die Single-Urlauberinnen in der Hotelanlage checken, sie an der Poolbar einladen und mit ihnen flirten. Könnte!

Meistens ist leider das, was sich ein Mann unter ein paar Ferientagen in großer Harmonie und Entspannung vorstellt, ein potenzielles Beziehungsrisiko. Bei einem Tauchurlaub in irgendeinem Club Las Piranjas hatte meine Freundin gemeint, es sei doch nett, wenn ihre Freundin auch dabei wäre. Völlig separat, selbstverständlich – und jeder für sich. Nachdem ich die Frau näher kennengelernt hatte, wollte mir meine Freundin am liebsten die Sauerstoffflasche während eines Tauchgangs zudrehen. Unsere Beziehung war noch schneller beendet als unsere Ferien.

Auch kulturelle musts können Männer nicht immer begeistern. Generell wollen sie sich im Urlaub von keinem Reiseführer vorschreiben lassen, was sie unbedingt sehen müssen. Ich stand dennoch aus Liebe zu meiner Freundin zwei Stunden vor der Peterskirche in Rom und begehrte mit ihr Einlass. Der wurde ihr dann, auf Grund der Kürze ihres Minirocks, verwehrt. Obschon das Stückchen Stoff von Gucci war. Ich habe daraus gelernt: Ich bestehe inzwischen darauf, dass meine Freundin immer möglichst kurze Miniröcke in Italien trägt, damit mir die vielen Kirchenbesuche erspart bleiben. Zu leicht könnte ich mich da als Teil einer Herde fühlen, die ihrem Führer folgt. Der hält meist einen Schirm hoch, erklärt irgendwelche Fresken und draußen könnte man so schön mit einem Heinecken in der Sonne sitzen.

In Paris musste ich wegen Mona Lisa in den Louvre . Es war Sommer, hatte 35 Grad im Schatten und da ist Paris gar nicht komisch. Die klimatisierten Räume des Museums waren ein Labsal. Dass ich mich dort aber aus Liebe zu meiner Freundin von einer Busladung Japaner über den Haufen rennen liess, steigerte nicht gerade mein Selbstbewußtsein. Ist doch verständlich, dass ich immer völlig reisefertig bin. Also in diesem typisch männlichen Erschöpfungszustand vor und nach einer Urlaubsreise.

Aufgrund solcher Erfahrungen glauben die meisten Männer, es gäbe zwei Arten zu reisen: In Ruhe, oder mit einer Frau. Die meisten Männer – Ihr Autor gehört nicht dazu! – ziehen die ruhige Variante vor. Ohne Stress, ohne Programm, ohne zuviel Klamotten. Männer, die im Urlaub endlich einmal jene Outdoor-Abenteuer erleben wollen, die eine Grillparty im Garten oder das Hantieren mit dem Laubgebläse übertreffen. Jene Survivalerlebnisse, mit denen sie nach dem Urlaub im Büro bei den spießigen Kollegen so richtig protzen können: Mit dem Motorrad durch die Sahara, auf dem Mountainbike über die Anden, mit Walfängern nach Hammerfest; Rafting im Canyon und Trekking zu Bergvölkern – life can be so simple. Schweisselnder Männer-Macho-Kitsch auch. Und genau deshalb verreise ich lieber mit einer Frau. Trotz Übergepäck! #quietwordspascalmorche

Pascal Morché

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