Trockene Haut

Interview mit Dr. Sybille Wichlas, Dermatologin

Wie es zu trockener Haut kommt, welche Inhaltsstoffe  Feuchtigkeit spenden und wie man die Haut richtig pflegt, wollten wir von von Dr. Sibylle Wichlas, Dermatologin und Venerologin von Woman & Health, Wien, ganz genau wissen.

Dr, Sybille Wichlas, Woman & Health, Wien

BEAUTESSE: Feuchtigkeitspflege ist aus der Kosmetik nicht wegzudenken, doch wie kann es passieren, dass die Haut zu trocken wird bzw. austrocknet?

S.W.:  Trockene Haut ist immer ein kombinierter Mangel an Feuchtigkeit und Fett. Wegbereitend dafür sind, speziell in der kalten Jahreszeit, die abnehmende Luftfeuchtigkeit der kühleren Luft und die trockene Heizungsluft. Durch seifenhaltige Duschcremes werden wasserbindende Substanzen aus der Hornschicht herausgelöst und die Haut trocknet dadurch weiter aus. Die Lipidschicht der Haut und damit deren Barrierefunktion ist gestört und so ihre Widerstandskraft geschwächt. Dies kann zur Schuppenbildung und Juckreiz führen. Mit zunehmendem Alter oder bei sonnengeschädigter Haut ist die Talgproduktion ebenso vermindert.

BEAUTESSE: Welche Inhaltstoffe spenden Feuchtigkeit? Und wie schaffen sie es, weit genug in die Haut einzudringen, um den Feuchtigkeitsgehalt der Haut wieder in die richtigen Bahnen zu bringen?

S.W.: Besonders wichtig ist die Verwendung von Pflegeprodukten mit hohem Feuchtigkeitsanteil und Fett, um die Barrierefunktion so gut wie möglich zu unterstützen. Cremes mit hohem Lipidanteil hemmen den Feuchtigkeitsverlust der Haut und machen sie widerstandsfähiger. Ideal sind Produkte mit Harnstoff (Urea) und Milchsäure. Beide Stoffe zählen zu den natürlichen Feuchthaltefaktoren der Haut (Natural Moisturizing Factors = NMF), die in der obersten Hautschicht lokalisiert sind und zur Geschmeidigkeit der Haut beitragen.

Mein Tipp: Seifenhaltige Duschcremes sollten gemieden werden. Am besten ist eine kurze, lauwarme Dusche mit rückfettenden Duschölen, danach die Haut trocken tupfen – nicht abrubbeln. Danach sollten man Pflegeprodukte mit einem höheren Fett- als Feuchtigkeitsanteil anwenden und diese einziehen lassen, bevor man sich ankleidet. Zu häufiges oder zu heißes Duschen oder Baden sollte vermieden werden, weil dadurch wasserbindende Substanzen aus der Hornschicht herausgelöst werden und die Haut weiter austrocknet.

 

Zur Reinigung der Haut eignen sich milde Waschlotionen oder Duschgels mit rückfettenden Substanzen, anschließend immer reichhaltige Körper- und Gesichtspflegeprodukte benutzen. Vermeiden Sie es, die Haut zu strapazieren. Also keine grobkörnigen Peelings, Bürstenmassagen oder kräftiges Abrubbeln der Haut mit rauen Handtüchern, denn dies kann die Barrierefunktion der Haut beeinträchtigen und damit die Austrocknung fördern.

BEAUTESSE: Wie arbeitet nun eine gute Feuchtigkeitspflege?

S.W.: Grundsätzlich macht die Haut das sowieso selbst. Sie ist von Natur aus darauf programmiert, für die optimale Durchfeuchtung zu sorgen. Prinzipiell braucht die Haut also eigentlich gar keine

Zusatzpflege, immer vorausgesetzt die hauteigene Barrierefunktion ist nicht gestört.

Sollte jedoch der Feuchtigkeis- und Lipid-Haushalt nicht intakt sein, muss man von außen die fehlenden Stoffe ergänzen. Auch hier ist zu betonen: Nur mit Fetten kann die Haut auch die Feuchtigkeit binden - sie sind unumgänglich, um die Haut wieder auf Optimalniveau zu bringen. Ohne die notwendigen Fette führt die chronische Zufuhr an Wasser zu einer Entfettung und damit Austrocknung, und somit letztendlich im schlimmsten Fall zu einer Entzündung der Haut. Es kommt also auf den Lipid-Feuchtigkeitsgehalt der Creme an, wenn dieser stimmt – das ist von Hauttyp zu Hauttyp verschieden – kann die Haut die Feuchtigkeit auch binden.

BEAUTESSE: Ist es möglich die Haut zu über- oder unterpflegen? Kann die Haut von zuviel bzw. der falschen Feuchtigkeitspflege abhängig werden? Wenn ja, warum?

S.W.: Natürlich ist das möglich. Weniger ist hier mehr. Das beginnt bereits bei einer milden Reinigung. Generell ist zu sagen, dass nur die auf den Hauttyp abgestimmte Pflege hilfreich ist. Das heißt:  Ölige Haut braucht mehr Feuchtigkeit als Lipide, trockene hingegen braucht das Übergewicht an Lipiden, was bereits bei der Reinigung beachtet werden sollte.

Auch ein Überpflegen ist möglich. Setzt man regelmäßig die falsche Pflege ein, gewöhnt sie sich an diesen  „Komfort“. Sobald man diese Pflege verändert, kommt es dann zu einem unangenehmen Hautgefühl. Dies sollte als Signal verstanden werden, daß eine Umstellung im Gange ist. Eine Rückkehr zur gewohnten Pflege wäre der falsche Schritt. Aus diesem Grund ist die Abstimmung der Pflege auf den Hauttyp so besonders wichtig.

BEAUTESSE: Gibt es Qualitätsunterschiede bei der Feuchtigkeitspflege? Worauf sollte man beim Kauf von Moisturizern achten?


S.W.:
Der Hauttyp und damti das Bedürfnis der Haut  ist das Ausschlaggebende. Bei sensibler Haut sollte man auf Minimalkosmetik setzen, d.h. weniger Inhaltstoffe für eine höhere Verträglichkeit.

 

BEAUTESSE: Bei welchem Hautzustand empfehlen Sie eine Feuchtigkeitspflege?


S.W.:
Nicht jede Haut benötigt Feuchtigkeit. Trockene Haut braucht eher fetthaltige Cremen, ölige Haut hingegen vermehrt Feuchtigkeit. Je fetter die Haut, umso mehr macht ein Plus an Feuchtigkeit Sinn. In der kühlen Jahreszeit bilden nur reichhaltigere Pflegeprodukte das nötige Schutzschild – ölige Haut produziert diesen Schutz zum Großteil selbst, dieser darf jedoch bei Minusgraden durch eine Pflege unterstützt werden.

BEAUTESSE:  Mit dem Alter nimmt die hauteigene Feuchtigkeitsversorgung ab – warum ist das so und was hilft dagegen?


S.W.
: Der Hyaluronsäuregehalt der Haut nimmt im Laufe der Jahre immer mehr ab. Hyaluronsäure ist ein wichtiger Feuchtigkeitsbinder, damit verliert die Haut mit der Zeit vermehrt die Fähigkeit, die hauteigene Feuchtigkeit zu halten. Das kann man zwar durch Pflege kaschieren, nicht aber den Hyaluronsäuregehalt der Haut grundlegend verändern. Das funktioniert nur von innen wirklich wirksam. Eine neue Möglichkeit, dass Hyaluron-Level wieder zu erreichen, bietet die Mesotherapie.

BEAUTESSE: Diese Methode bieten Sie auch in Ihrer Praxis an. Wie kann man sich diese Behandlung vorstellen?


S.W.:
Mit feinen Kanülen wird Hyaluronsäure in kleinen Tröpfchen injiziert. Dies führt schließlich zu einer flächigen Verteilung der Flüssigkeit. Als körpereigener Wasserbinder sorgt Hyaluronsäure für einen leichteren Ablauf der Stoffwechselvorgänge. Die Haut kann die Feuchtigkeit wieder besser binden und wirkt daher praller, glatt und jugendlicher. Diese Therapie kann je nach Lebensstil des Patienten ab dem 30sten Lebensjahr eingesetzt werden, dies ist auch der Zeitpunkt, wo die sichtbare Alterung einsetzt.

Aber abgesehen davon darf man nicht außer Acht lassen, dass auch die Funktion der Talgdrüsen geringer wird. Es fehlen also zumehrt Fette – deshalb wird auch die Pflege mit dem Alter reichhaltiger.

BEAUTESSE: Haben Sie einen Tipp, damit es gar nicht erst soweit kommt, dass die Haut unter Feuchtigkeitsmangel leidet bzw. man die Austrocknung minimalisieren kann?

S.W.: Ungesättigte Fettsäuren, also Omega 3 und Omega 6 Fettsäuren, sind ideale Starkmacher für die Haut. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, sollte aber für den Hautzustand nicht überbewertet werden. Hauttypgerechte Reinigung ist ein guter Beginn, lauwarme Duschen und rückfettende Körperpflege unterstützt das Wohlbefinden der Haut. Und niemals UV-Schutz vergessen!