Theater der Gefühle

Die Abkehr vom Schlaraffenland des Konsums

Es waren die Emotionen des 21. Jahrhunderts, welche im Vortrag von Prof. Simonetta Carbonaro im Rahmen des Umdasch Shop Concept Forums in den Mittelpunkt gerückt wurden. Die italienische Konsumpsychologin zeigte dabei die Notwendigkeit eines neuen, authentischen Marketing-Verständnisses auf.

Simonetta Carbonaro - Konsumpsychologin© Umdasch Shop Forum

Das Fest ist zu Ende, die inszenierten Realitäten, die den Alltag unserer Gesellschaft bestimmen, die Theatralisierung des Konsums ist langweilig, ja fast billig geworden. Euphorie und Enthusiasmus sind passé. Aus Kaufimpulsen sind permanente Reizüberflutungen geworden, die beim Konsumenten eine Schutzreaktion auslösen  und ihn aus dem künstlichen Schlaraffenland des Konsums flüchten lassen.

Glückliche Bescheidenheit als neues Lebensmodell

Nach all den Exzessen und Übertreibungen der vergangenen Jahrzehnte sehnt sich der Konsument nach einem neuen Lebensmodell, nach glücklicher Bescheidenheit. Ein simples Gegenmodell zu einer nicht mehr erfassbaren, durchschaubaren Angebotsfülle - weg von der Fülle, hin zur Erfüllung.

Der Konsument ist reifer, anspruchsvoller und auch kompetenter, kritischer geworden. Zusatznutzen zählt nicht mehr, interessant wird es für ihn hinter den Kulissen von Marken und Produkten. Das gesamte Bild, die Werthaltung von Unternehmen bestimmt immer mehr die Konsumentscheidung. Ein neues, soziales und ökologisches Verantwortungsbewusstsein ist erwacht, man wünscht sich Produkte von Marken und Unternehmen, die auch Teil der Gesellschaft sind - und nicht nur Teil der Wirtschaft.

Die WIR-Gesellschaft

Das Informationszeitalter hat ein neues Verantwortungsbewusstsein geschaffen. Dichte Vernetzung, rascher Informationsfluss und einflussreiche Meinungsnetzwerke fördern die Entwicklung von Qualitäts- und Preisbewusstein, Wissen wird ausgetauscht und die dunklen Seiten der Wertschöpfungskette schnell aufgedeckt. Low Cost um jeden Preis hat ausgedient.

Die wirtschaftliche Unsicherheit überträgt sich auch auf die Menschen, gewohnte Strukturen brechen weg und damit auch die Zukunft der jungen Generation. Es entsteht ein großes Bedürfnis nach Gemeinschaft, nach Beziehungen zu Menschen, die ähnliche Interessen verfolgen. Es ist dies wie ein Schritt zurück in die Vergangenheit als neue Zukunft, war doch der Gemeinschaftssinn bis zum Beginn der Industrialisierung sehr ausgeprägt und ging im Laufe der Zeit - mit dem Voranschreiten der Individualisierung - verloren.

Aus diesem Bedürfnis heraus entwickeln sich gemeinschaftliche Lebensformen, vor allem in der Arbeitswelt. Die "Maker", die Kreativen des 21. Jahrhunderts, sind davon überzeugt, daß Wissen frei ausgetauscht werden muss, damit es sich vermehren kann. Technologie dient nicht länger dem Selbstzweck, sondern soll helfen, die Welt zu verbessern. Ethik wird als wichtiger Bestandteil von Konsumgütern gesehen. Und die Gemeinschaft als Netzwerk lokaler Anbieter bekommt im Zeitalter der Massenproduktion immer mehr an Bedeutung.

Von der Gesellschaft zur Gemeinschaft

Die Herausforderung des Marketings besteht in der Änderung der Blickrichtung - weg von der Gesellschaft, hin zur Gemeinschaft. Weg vom Erlebnismarketing - hin zum Erfahrungsmarketing, weg von der Reflexhandlung und hin zu einer Gefühlswelt, die es erlaubt, mit Marken und Produkten in in Dialog zu treten.

Dazu wird es auch notwendig sein, den Konsumenten nicht länger als Homo Oeconomicus wahrzunehmen, sondern sich dem Homo  Empathicus zuzuwenden, den der Zukunftsforscher Jeremy Rifkin als neuen Menschentypen des 21. Jahrhunderts definiert hat.

Eine Marke muss heute sehr viel sein als ein Sammelsurium von Symbolen, Botschaften und Guidelines, sie muss die Rolle des Unternehmens verständlich und erlebbar machen, sie muss Beziehungen aufbauen können und - gemeinsam mit der Qualität der Produkte - Werte schaffen, die beim Konsumenten Gefühle auslösen und damit seine Kaufentscheidung beeinflussen.

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