Wie kommt es zu Neurodermitis ?
Wenn die Haut Schwächen zeigt
Neueste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass ein genetisch bedingter Mangel an Filaggrin, einem Schlüsseleiweiß der Hautbarriere, eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Allergien spielt.
Allergische Erkrankungen haben in den letzten Jahrzehnten in den meisten Industrienationen stark zugenommen. Als Auslöser gilt eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren. In den letzten Jahren wurden mehrere Gene im Zusammenhang mit allergischen Erkrankungen untersucht - und eines davon entpuppte sich tatsächlich als Schlüsselfaktor. Dieses Gen enthält die Bauanleitung für Filaggrin, ein essentielles Protein in der Hornschicht der Haut.
Wird dieses Protein aufgrund eines Gendefekts vermindert oder überhaupt nicht gebildet, ist die natürliche Verhornung gestört und die natürliche Barrierefunktion der Haut eingeschränkt. Varianten des Filaggrin-Gens sind für die so genannte Fischschuppenkrankheit oder Ichthyosis vulgaris verantwortlich, die je nach genetischer Konstellation nur sehr milde ausgeprägt sein kann ("trockene Haut"). Darüber hinaus deuten eine Reihe von Studien daraufhin, dass die Genvarianten auch einen starken Risikofaktor für die Entwicklung von Neurodermitis darstellen.
In einem vor kurzem in der Fachzeitschrift "Pharmacogenomics" erschienenen Übersichtsartikel erläuterte Dr. Stephan Weidinger, Technische Universität München und Helmholtz Zentrum München: "Die Haut erfüllt eine Vielfalt an Funktionen und ist eine äußerst wirkungsvolle physikalische, chemische und immunologische Barriere", so Weidinger. "Sie schützt uns vor mechanischen Verletzungen, aber auch vor dem Eindringen von Stoffen aus der Umwelt, wie Erregern und Allergenen. Besonders wichtig dafür ist die äußerste Schicht, die selbst aus mehreren Lagen bestehende Epidermis. An der Außenseite enthält sie fast ausschließlich abgestorbene und komplex verpackte, verhornte Zellen. Für die ordnungsgemäße Verhornung ist Filaggrin ein entscheidendes Protein".
In der aktuellen Studie an 3000 Schulkindern konnte nun gezeigt werden, dass fast acht Prozent der Kinder aufgrund von Genvarianten einen Mangel an Filaggrin-Eiweiß in der Haut und dadurch ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko haben, an Neurodermitis zu erkranken.
Die im "Journal for Allergy and Clinical Immunology" veröffentlichte Untersuchung wies aber noch einen weiteren interessanten Zusammenhang nach: Die bereits bekannten Defekte im Filaggrin-Gen sowie weitere seltenere Mutationen können auch das Risiko für allergische Sensibilisierungen und Heuschnupfen erhöhen, und bei Patienten mit Neurodermitis zusätzlich zu Asthma führen.
Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass der Haut bei der Entstehung verschiedener allergischer Erkrankungen ganz entscheidende Bedeutung zukommt. Und wie kann eine Therapie aussehen ?
"Wenn ein Mangel an Filaggrin ein so wichtiger Faktor ist, wäre es etwa denkbar, die Produktion dieses Proteins bei den Patienten mit Hilfe von Cremes zu erhöhen", so die Studie.
2008 / 07 / 22