Der Duft

Künstler statt Parfumeur: Anselm Skogstad im Interview

Zurückhaltung im Design und Minimalismus in der Präsentation kombiniert mit handwerklichem Können sowie Kunstfertigkeit in der Duftkonzeption: Das ist die Quintessenz von DER DUFT, eine spannende, neue Parfummarke aus Deutschland, die durch beeindruckende Kreationen von sich reden macht.

Der Duft  wurde 2020 von dem deutschen Künstler und Fotojournalisten, Anselm Skogstad, gegründet.© Der Duft

Anselm Skogstad , Ende 30, Deutscher mit norwegischem Namen lebte und arbeitete in den USA als Fotograf und bildender Künstler, bevor er seine Liebe zu Düften und Parfüms entdeckte. 2020 schuf er die Marke DER DUFT, die inzwischen eine Kollektion von sieben, absolut außergewöhnliche Kreationen umfasst. Die sieben Parfüms, die DER DUFT subsumiert, tragen die Namen „act“, „canvas“, „cinematic“, „match“, „pride“, „privilege“ und „monopteros“. Beauty.at traf Anselm Skogstad zum Interview in München.

Beauty.at: Herr Skogstad, welche Düfte benutzten Ihre Eltern?

A.S.: Mein Vater immer Dior, Eau Sauvage; meine Mutter trug meist Chanel, davon verschiedene Düfte oder auch Bulgari „thé vert“.

Beauty.at: Klassisch gute, aber nicht ausgefallene Düfte. Ihnen wurde die Liebe zum Parfüm also nicht zwangsläufig im Elternhaus nahegebracht?

A.S.: Nein, überhaupt nicht. Mit 15 Jahren kam ich von Starnberg nach England auf ein Internat. Es war eine Art Harry-Potter-Internat und ich wollte unbedingt Künstler werden. Nach meinem Schulabschluss ging ich als Fotograf nach Amerika. Zehn Jahre lebte und arbeite ich in New York. Die Zusammenarbeit mit David LaChapelle und vor allem mit Christopher Makos war für mich sehr inspirierend und wichtig.

Der Markenname DER DUFT und die minimalistische Präsentation ermöglichen es, sich ausschließlich auf das Parfum selbst zu konzentrieren.© Der Duft

Beauty.at: Sie hatten Fotografie als Kunst ins Auge gefasst?

A.S.: Nein, eher die Malerei. Ich habe vielmehr fotojournalistisch gearbeitet; habe mich dokumentarisch medizinischen Themen gewidmet.

Beauty.at: Zum Beispiel?

A.S.:   Dokumentationen über die LGBT-Szene, medizinische Transangleichungen, Kinder mit seltenen Erkrankungen, Psychiatrien.

Beauty.at: Harte Themen!

A.S.:   Fotografie, Kunst ist etwas, was mich schon immer begeistert hatte. Und doch habe ich mir irgendwann gesagt, ich will auch noch etwas anderes ausprobieren.

Beauty.at: Und wie kamen Sie mit der Welt der Düfte und Parfüms zusammen?

A.S.:   Ich habe das Medium Duft schon als Jugendlicher interessant gefunden. Düfte haben mich immer fasziniert, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, damit etwas Berufliches zu machen. Dann aber hat mich ein Fotoprojekt nach Asien geführt. In Hongkong  porträtierte ich jemanden, der vollkommen in der Welt des Dufts und der Parfümeure integriert war. Er hat das Thema Duft bei mir ins Rollen gebracht; mich auch hinter die Kulissen dieser Branche blicken lassen.

Pride, Cinematic und Monopteros © Der Duft

Beauty.at: Und da sagten Sie sich: Ich kreiere auch Parfüms?

A.S.:   Ja! Ich setzte diese Vision um. Anfang 2020 erblickte die Linie DER DUFT das Licht der Welt.

Beauty.at: Haben Sie eine Ausbildung zum Parfümeur gemacht?

A.S.:   Nun, nicht wirklich. Ich war natürlich in Grasse, dem berühmten Parfüm-Mekka und habe da verschiedene Kurse belegt, die mir gezeigt haben, wie Parfüms entstehen. Aber ich habe auch gemerkt, dass ich kein Parfümeur bin.

Beauty.at: Was heißt das?

A.S.:   Nun dieses Tröpfchen hier und Tröpfchen dort und welche Duftnote zu welcher Duftnote, das ist eher nicht mein Ding. Ich bin nicht der perfektionistische Parfümeur, der feinste Nuancen eines Dufts herausarbeitet. Oder anders gesagt: Ich esse sehr gerne, ich koche aber nicht sehr gerne.

Jeder einzelne Parfumeur erzählt mit seiner Kreation Geschichten und ist für seine einmaligen Duftkompositionen bekannt© Der Duft

Beauty.at: Sie haben als Fotograf visuell mit Ihren Sinnen gearbeitet. Assoziieren Sie auch Bilder, wenn Sie einen Duft riechen?

A.S.:   Nur begrenzt. Farben sehen, Bilder sehen, oder auch Töne hören, wenn man einen Duft riecht, das bewundere ich bei Menschen sehr, kann es aber selbst nicht nachvollziehen.

Beauty.at: Bei Sandelholz sehen Sie keine Erde? Bei Zitrusnoten hören Sie nicht den Ton einer Piccoloflöte?

A.S.:   Ich kann auch nicht in Duftnoten denken. Natürlich sind die Noten alle immer angegeben. Bei dem Duft Monopteros, einer Hommage an München gibt es neben anderen Himbeere, Muskat, Rose und auch Gurke. Aber mich interessiert vielmehr das Endprodukt. Mich fasziniert die Emotion, die ein Duft auslöst, nicht wie der Duft zusammengesetzt ist.

Beauty.at: Gibt es Gerüche, ich sage bewusst nicht Düfte, die sie besonders gerne mögen und die mit Erinnerung behaftet sind?

A.S.:   Ja, Teer ist ein interessanter Geruch. An einer Tankstelle gibt es auch interessante Gerüche. Soetwas ist mir schon als Kind extrem aufgefallen. Besonders, wie die Münchner U-Bahn riecht, ganz anders als die Metro in Paris. Das sind absolut spezielle, eigene Geruchserlebnisse, die sich in unserem Unterbewusstsein festsetzen.

Beauty.at: Welchen Duft mögen Sie nicht?

A.S.:   Ich kann mit dem Duft von Trüffeln und Austern nichts anfangen. Es gibt natürlich auch Düfte, die mir an speziellen Menschen durchaus unangenehm auffallen. Wenn ich jemanden sehr gerne habe, braucht der Mensch eigentlich keinen Duft, kein Parfüm. Da ist mir der natürliche Duft eines Menschen wichtig.

Beauty.at: Jetzt aber nicht kontraproduktiv werden...

A.S.:   Ich hatte eine Beziehung zu einer Partnerin, die war sehr empfindlich, wenn ich Düfte getragen habe. Sie wollte immer, dass ich besser keinen Duft trage. Dabei muss ich ja Düfte auch ausprobieren.

Beauty.at: Sie haben selbst zwei Düfte kreiert?

A.S.:   Also von den Düften der Linie DER DUFT habe ich Monopteros und Grasse selbst kreiert. Die Kompositionen aller anderen Düfte liegen in den Händen erfahrener, großartiger Parfümeure, die ich auswähle.

Beauty.at: Dennoch interessiert sie die reine, handwerkliche Komposition eher weniger?

A.S.:   Absolut. Ich lasse mich vollkommen emotional auf Düfte ein und will auch gar nicht genau wissen welche Zusammensetzungen zu einem Duft führen. Ich will einfach den „Wow“-Effekt. Ich suche vielmehr die Zusammenarbeit mit Parfümeuren, die mir ihre Entwürfe schicken.

Beauty.at: Die sitzen ganz verstreut auf der Welt und arbeiten auch für andere Häuser?

A.S.:   Ja, ich arbeite mit sechs Parfümeuren. Die sitzen in Frankreich, in Portugal, in Italien, England und Thailand. Ich finde das sehr spannend, mit unterschiedlichen Charakteren zusammen zu sein. Ich möchte nicht alleine arbeiten und allein in einem Labor versinken.

Beauty.at: Und wenn sie jetzt den Duft-Entwurf eines Parfümeurs bekommen, wovon lassen Sie sich leiten, dass Sie ihn produzieren werden?

A.S.:   Ich gehe sehr nach meinem Bauchgefühl und nicht nach Marketing-Ideen und PR-Strategien. Mein Ziel war es, eine Kollektion aufzubauen, in der sich eine gewisse Vielfalt von Düften spiegelt.

Beauty.at: Wonach wählen Sie die Parfümeure aus, mit denen Sie arbeiten?

A.S.:   Mich müssen nicht nur ihre Parfüm-Kreationen begeistern, sondern auch ihr Stil, ihre Lebenseinstellung. Ich finde, dass gerade die sich in der Arbeit, in Duft-Kreationen wiederfindet.

Beauty.at: Das nächste Parfüm kommt auch bald bei DER DUFT?

A.S.:   Ja, und es stammt aus italienischer Werkstatt und ergänzt sich wunderbar mit den Parfüms der übrigen Kollektion, weil es einen solchen Duft darin bisher noch nicht gab.

Beauty.at: Wo lassen Sie produzieren?

A.S.:   In Labors in Spanien und Frankreich. Die letzten Schritte, Abfüllung und Verpackung geschehen dann tatsächlich bei mir hier in München. Bei mir ist es irgendwie auch noch wie bei einem start-up in einer Garage.

Beauty.at: Ein Preis von 120 Euro für ein Parfüm ist durchaus normal in der Topliga in der DER DUFT spielt. Verkaufen sich Ihre phantastischen, aber leider doch noch immer weitest gehend unbekannten Düfte auch?

A.S.:   Ich kann nicht klagen. Mit Beginn dieses Jahres und nach Corona muss ich sagen, dass ich kaum mit der Produktion nachkomme.

Beauty.at: In der Branche und unter Kennern sind die Parfüms von DER DUFT inzwischen sehr begehrt.

A.S.:   Es kommen immer neue Parfümerien hinzu, die DER DUFT im Regal haben wollen. Aber es ist richtig: Oft ist es leichter ein Parfüm in die Parfümerie hinein zu bekommen als es heraus zu bekommen.

Beauty.at: Wie wichtig ist für Sie der online Vertrieb?

A.S.:   Man kann die Parfüms von DER DUFT natürlich online bestellen. Aber das Kennenlernen eines Dufts geht eben online nicht. Deshalb wird von Parfümliebhabern online sehr häufig erstmal nur das Discovery-Set von DER DUFT bestellt.

Beauty.at: Die Parfüms Ihrer DER DUFT-Kollektion sind alle unisex?

A.S.:   Aber natürlich. Ich finde es falsch, Düfte in männlich und weibliche Klischees zu pressen, auch wenn Marketing-Abteilungen immer noch streng trennen. Ich finde sogar: wenn eine Frau einen maskulinen Duft tragen will, dann soll sie das doch machen. Und wenn ein Mann ein feminines Parfum tragen will, bitte! Wir sollten da keine geschlechterspezifischen Grenzen ziehen. Ich habe zuhause ganz viele verschiedene Parfüms. Männliche wie weibliche.

Beauty.at: Wie wichtig ist der Flakon für ein Parfüm, beziehungsweise für die Kaufentscheidung des Kunden?

A.S.:   Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass der Flakon zum Duft passt. Die Flakons von DER DUFT sind extrem puristisch und simplifiziert: Weißes Etikett, schwarze Kappe. Strenge Linien. Ich finde dieses puristische Design entspricht sehr der Parfüm-Kollektion, die sich unter DER DUFT versammelt.

Beauty.at: Und die einzelnen Namen, wie wichtig sind sie?

A.S.:   Sie sind wichtig für Assoziationen: Beispielsweise denkt man bei Pride an LGBT, aber auch an Stolz, Freiheit und an Aufbruch. Monopteros wiederum ist meine ganz persönliche Hommage an München.

Beauty.at: Ein abschließendes Statement über Ihre Arbeit?

A.S.:   Ich habe ein Parfümhaus mit einem Markennamen geschaffen, der eine einfache Botschaft an alle vermittelt, die sich für Düfte interessieren. Es bedarf keiner weiteren Erklärungen oder komplexer Geschichten. Die Marke DER DUFT bringt es auf den Punkt: Meine Absicht ist, dass jedes Parfüm, jeder Duft seine eigene Geschichte und Assoziation für die Person schafft, die ihn trägt.

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