Gentlemen Only

Ein Duft von natürlicher Eleganz

Francoise Donche

Im Interview

BEAUTESSE traf die Schöpferin des Duftes Gentlemen Only, Francoise Donche, Nase, Parfumeur oder - wie ihr eigentlicher Titel lautet - Olfaktologin des Hauses Givenchy.

Mme Donche, was genau dürfen wir uns unter einer Olfaktologin vorstellen?

Es handelt sich um eine sehr spezielle Aufgabe mit einem ganz besonderen Hintergrund. Ich wurde dazu eigens in einer Expertenschule für "Nasen" in Paris ausgebildet. In einem Dreijahresprogramm erlernt man das Verständnis für Funktion und Formulierung von Inhaltstoffen als auch die Evaluierung von Düften. Ich war damals 24 Jahre alt und hatte ursprünglich englische Literatur studiert, doch Paris, die Welt der Mode und die Bekanntschaft mit Jean-Louis Sieuzac, der große Düfte wie Opium und Fahrenheit kreierte, lenkten meine berufliche Laufbahn in eine andere Richtung. Sieuzac erkannte mein Talent und unterstützte meine Ausbildung und Weiterentwicklung.

Meine Aufgabe liegt im Bereich von Forschung und Entwicklung, die Entdeckung neuer Düfte - sowohl natürliche als auch künstliche - und davon entstehend laufend neue. Ich bin aber auch eine Nase, ein Komponist und ich muss unentwegt üben, um mein Gedächtnis zu trainieren. Wie ein Musiker, der unablässig seine Partituren übt.

Ich wollte unbedingt diesen Titel haben, der aus den 1920er Jahren stammt, denn - vergleichbar mit einem Oenologen oder einem Gastronomen - verfüge ich über eine hoch entwickelte Expertise und muss diese laufend trainieren.

Arbeiten Sie bei Givenchy mit den großen Parfumhäusern wie IFF etc.,  zusammen oder formulieren Sie die Düfte selbst?

Wir haben bei Givenchy beide Möglichkeiten. Vieles entwickeln wir selbst, aber wir verfügen nicht über die gesamte Palette an Inhaltstoffen - wenn wir diese benötigen, arbeiten wir natürlich auch mit Häusern wie Robertet, IFF etc. zusammen.

Mme Donche, an welchen bekannten  Düften haben Sie in der Vergangenheit gearbeitet?

Mit 31 Jahren habe ich 1991 Amarige gearbeitet, ein sehr erfolgreicher Duft und im Jahre 1996 war es Organza. Dann waren da noch Pi, Very Irresistible, Ange ou Demon und Dahlia Noir sowie Gentlemen Only. Wir arbeiten normalerweise sieben bis 15 Monate im Voraus und haben gottseiDank keinen Stress. Man lässt uns die Freiheit, kreativ zu sein und gibt uns auch die entsprechende Zeit, um  Ideen und Formulierungen zu entwickeln.

Welche Idee steckt hinter Gentlemen Only? Und wieweit war Simon Baker in die Duftentwicklung involviert?

Vom Beginn an wollte ich eine moderne Version des Gentlemen zum Ausdruck bringen. Dazu mussten wir natürlich auch eine passende  Persönlichkeit finden. Nicht notwendigerweise ein Aristokrat, sondern jemand, der die Idee verkörperte, daß jeder Mann ein Gentlemen sein kann. Simon Baker war sehr offen, und benahm sich genauso wie Justin Timberlake bei der Kreation von Play. Beide wußten, daß Givenchy über eine große Duft-Expertise verfügt. Beide haben uns über ihre Vorlieben informiert, die wir  mit einfliessen lassen konnten.

Simon Baker

Simon Baker hatte eine gewisse Dufterfahrung aus seiner Jugend, besonders im Bereich der Damendüfte. Das ist ganz normal. Junge Männer interessieren sich für Frauen und damit auch für ihre Düfte. Simon kennt Patchouli beispielsweise sehr gut, der Duft einer Freundin aus Jugendtagen in Australien, der an  seiner Kleidung haftete und von seine Mutter sofort erkannt wurde (lacht).

Sein Wunsch an Gentlemen Only war eine subtile Reduktion, der Duft sollte keinesfalls überwältigen. Eleganz ist für ihn mehr mit Frische verbunden. Ein Duft soll nicht verändern, ebensowenig wie Mode.

Welche Charakteristika eines Gentlemen finden wir in diesem Duft bzw. mit welchen Inhaltstoffen wurden diese transformiert?

Chicness ist ganz wichtig für Givenchy, und das bedeutet, wir arbeiten mit natürlichen Inhaltstoffen, die sowohl  Exzentrik als auch Raffinesse zum Ausdruck bringen. Dazu kommt die holzige Note, welche durch die Trilogie von Zedern, Patchouli  und Vetiver verkörpert wird. Diese Hölzer sind trocken, sehr kostbar, fast wie Diamanten - natürlich übersetzt in die Duftsprache.

Für mich sind Inhaltstoffe wie Persönlichkeiten mit ihren individuellen Eigenschaften, die ich dann harmonisch kombiniere. Ich arbeite immer mit Analogien in meiner Duftsprache, so ist z.B. Vetiver wie Kaschmir, edel, elegant, weich.

Was macht Gentlemen Only so einzigartig?

Zum einen die Frische und andererseits die holzig trockene Note. Die Kombination dieser beiden Eigenschaften bringen eine starke Differenzierung und eine neue Qualität in die Kategorie der Herrendüfte. Ich habe das Gefühl, das manche Männer sich von kantigen, sehr männlichen Düften nicht anzogen fühlen. Der weiche Akkord der Muskatnuss und die runden Nuancen der aromatischen Inhaltsstoffen sowie eine langanhaltende Frische - das ist eine ganz neue Qualität und macht einen großen Unterschied zu den bestehenden "männlichen" Düften deutlich.

Sehen Sie eine Veränderung in den Duftrichtungen bei den Herrendüften?

Auf jeden Fall. Sie dürfen nicht vergessen, dass Männerdüfte keine lange Geschichte haben, alles begann eigentlich in den 1950er Jahren. Davor gab es defacto keine Männerdüfte. 

Von 1890 bis 1950 war die Verwendung von Duft auf die Rasur beschränkt, und diese fand beim Friseur (Barber Shop) statt, alles konzentrierte sich auf After Shaves. Fougere Düfte waren daher die einzige Duftrichtung für Männer. Das wars.

Nach dem zweiten Weltkrieg begannen Modeschöpfer auch Herrendüfte zu kreieren. Wir blicken hier nicht auf eine 300jährige Duftgeschichte zurück, wie bei den Damen. Männer haben auch einen ganz anderen Zugang zu Düften. Der durchschnittliche Mann hat 3 Düfte, während seine Frau sieben Düfte besitzt. Männer sind sehr loyal, sie wollen nicht jedes halbe Jahr einen neuen Duft. Wenn sie sich mit einem Duft wohlfühlen, dann bleiben sie dabei. Das ist wie mit einem gut sitzenden Hemd.

Aber natürlich gibt es auch hier Veränderungen. Grüne Noten sind derzeit sehr Avantgarde, aber diese müssen immer von vertrauten Duftnoten begleitet werden. Revolutionen bei Herrendüften werden nicht stattfinden.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation am Duftmarkt, zuviele Düfte, zuwenig Qualität, überforderte Konsumenten ?

Ich bin sehr optimistisch. Ich beurteile nicht die Masse der Produkte am Markt. Konsumenten sind sehr intelligent und haben ihre eigene Meinung. Sie wählen gezielt aus. Die Masse macht mir keine Sorge, im Gegenteil. Es bedeutet, daß der Markt boomt und es ist gut, in einer boomenden Industrie  zu arbeiten. Es schafft Stimulanz, Wettbewerb, Wetteifer, es bedeutet, daß wir uns alle mehr anstrengen  müssen und das ist die beste aller Nachrichten.

Es bedeutet auch, daß wir exzellent sein müssen,  in der Kreation, aber auch am Point of Sale, in der Parfümerie. Wir müssen unsere Leute im Verkauf besser schulen. Die Parfümerien sind überfrachtet mit Produkten, aber die Konsumenten zu Hause sind das nicht. Wir schon gesagt, wir kennen die Marktdaten und wissen, wieviele  Düfte jeder Mann und jede Frau zu Haus hat. 

Unsere Branche ist attraktiv, ich freue mich über jeden Mitbewerber und ich würde die Vorstellung hassen, daß Marken verschwinden. Konkurrenz belebt das Geschäft - und das mag ich.

Dem können wir nur zustimmen.