Süßstoffe
Wissenswertes zu einem alltäglichen Ersatzstoff
Süßstoffe sind nicht nur in den Industrienationen in aller Munde, Verzehrserhebungen zufolge nehmen täglich mehr als eine Milliarde Menschen Süßstoffe auf. Dennoch gibt es viele Bedenken, da diese Produkte zu den Lebensmittelzusatzstoffen zählen und deren Image nicht eben das beste ist. Über keinen Lebensmittelzusatzstoff gibt es so viele Behauptungen wie über Süßstoff.
Süßstoffe gehören zur Gruppe der Süßungsmittel und der Zusatzstoffe, schmecken „süßstoffsüß" und nicht „zuckersüß" und haben in der Regel auch keine weiteren Zuckereigenschaften.
Stevia ist als süßschmeckendes Pflanzenteil in vielen Ländern beliebt und nun auch in der EU legal erhältlich. Die EU-Kommission in Brüssel hat den Einsatz des natürlichen Süßungsmittels Steviolglycosid aus der Stevia-Pflanze in Lebensmitteln genehmigt. Die Pflanze selbst wird als Novel Food, daraus gewonnene Produkte (Stevioside) als Süßstoff zugelassen. Der Geschmack ist anders als beim Zucker nicht rein süß und muss mit anderen Süßungsmitteln gemischt werden.
Leider führt der Stevia-Anbau zu massiven Schäden in den tropischen Anbaugebieten.
Die bei uns zugelassenen Süßstoffe sind zwischen 30 und 3.000 mal so süß wie Zucker (Saccharose). Außerdem fördern sie im Gegensatz zu Zucker nicht die Entstehung von Karies.
Paradoxe Behauptungen, wie etwa Süßstoff wäre für die Entstehung von Hunger oder Appetit oder gar Übergewicht verantwortlich, halten sich beständig, auch wenn eine Vielzahl von Studien das Gegenteil beweist. Andererseits gibt es auch Behauptungen, dass Süßstoffe schlank machen. Studien beweisen, dass der Geschmack süß nicht zur Insulinfreisetzung führt – das Gegenteil konnte übrigens nie bewiesen werden.
Süßstoff – entdeckt und verboten
Der deutsche Chemiker Prof. Dr. Constantin Fahlberg entdeckte in den Jahren 1878 und 1879 zusammen mit dem US-amerikanischen Chemiker Prof. Dr. Ira Remsen an der John Hopkins University in Baltimore den Süßstoff Saccharin.
Saccharin leitet sich vom griechischen Wort für Zucker (sakcharon) ab. 1886 eröffnete Fahlberg in Salbke bei Magdeburg die erste Saccharinfabrik der Welt. Bereits 1898 kam es durch Proteste der Landwirtschaft und der Zuckerindustrie zum ersten Süßstoffgesetz (Süßstoff-Prohibition), das die Produktion, den Import und die gewerbliche Verwendung von Saccharin unter Strafe stellte.
Zugelassene Süßstoffe
In der Europäischen Union sind momentan acht Süßstoffe zugelassen:
Acesulfam-Kalium (E-950), 130 – 200 x süßer als Zucker, entdeckt von Karl Clauß (1967)
Aspartam (E-951), 200 x süßer als Zucker, entdeckt von James M. Schlatter (1965)
Aspartam-Acesulfam-Salz (E-962), 350 x süßer als Zucker
Cyclamat (E-952), 30 – 50 x süßer als Zucker
Saccharin (E-954), 300 – 500 x süßer als Zucker, entdeckt von Constantin Fahlberg / Ira Remsen (1878)
Sucralose (E-955), 600 x süßer als Zucker, entdeckt von Shashikant Phadnis (1975)
Thaumatin (E-957), 2.000 – 3.000 x süßer als Zucker, Erstbeschreibung 1855
Neohesperidin-Dihydrochalcon (E-95), 400 – 600 x süßer als Zucker, entdeckt von Horowitz und Gentili (1963)
Durch Mischung verbessert sich die Geschmackswirkung und es kommt zu einer Synergie: Eine Süßstoffmischung ist süßer als die addierte Süßkraft der Einzelstoffe in der Mischung.
Süßstoff gibt es als Tablette, in flüssiger Form und als Streusüße. Flüssige Süßstoffe eignen sich hervorragend zum süßen von kalten und warmen Getränken, Milchprodukten oder Obstspeisen. Süßstofftabletten sind praktisch zum Süßen von warmen Getränken und Streusüße kann Zucker bei vielen Speisen ersetzen.
Was Süßstoff nicht kann
Da Süßstoff im Vergleich zu Zucker keine konservierende Eigenschaft hat, sind süßstoffgesüßte Konfitüren nicht so gut haltbar. Außerdem gibt er bei Teigen kaum Masse und hat keine guten Backeigenschaften.
Daher sollte bei Kuchenteigen maximal die Hälfte der angegebenen Zuckermenge durch Süßstoff ersetzt werden.
Menge und Süßkraft
Die Süßkraft einer Tablette entspricht einem Stück Würfelzucker oder einem Teelöffel Zucker. Ein Löffel Streusüße süßt so stark wie ein Teelöffel Zucker. Die Süßkraft von Flüssigsüßstoffen entspricht durchschnittlich einem Teelöffel Zucker pro Tropfen – die Dosierungsangaben auf der Verpackung sollten beachtet werden.
Süßstoffe sind Lebensmittelzusatzstoffe
Süßstoffe sind Zusatzstoffe und unterliegen der Süßungsmittelrichtlinie der Europäischen Union. Bei Lebensmittelzusatzstoffen ist die Aufnahme durch den ADI-Wert (Accetable Dialy Intake) geregelt, der angibt, wie viel des Zusatzstoffes der Mensch jeden Tag gefahrlos aufnehmen kann.
Thaumatin und Aspartam-Acesulfam-Salz werden als völlig unbedenklich eingestuft und tragen die ADI-Bewertung: „Keine Beschränkung“. Eine Überschreitung der ADI-Werte ist bei normaler Ernährungsweise dauerhaft praktisch nicht möglich.
Aspartam ist ungefährlich
In den letzten Jahren geriet immer wieder der Süßstoff Aspartam in Diskussion. Die immer wieder postulierten Nebenwirkungen konnten jedoch niemals wissenschaftlich bestätigt werden. Aktuelle Studien beweisen, dass Aspartam sicher ist und alle anderen Aussagen wissenschaftlich unbegründet sind.
Es ist alerdings nicht hitzestabil und sollte daher eher kalten oder warmen – aber nicht heißen – Speisen und Getränken zugefügt werden. Beim Kochen oder Backen verliert Aspartam einen Teil seiner Süßkraft. Der Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“, der bei Produkten, die Aspartam
enthalten, angegeben sein muss, ist nur für Verbraucher wichtig, die unter der Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie leiden.
Der Süßstoff Saccharin ist nach wissenschaftlicher Einschätzung wie alle anderen Süßstoffe nicht krebserregend oder in irgendeiner anderen Weise gesundheits-schädigend. Die unter Maximaldosis bei einer Ratte in den siebziger Jahren erhobenen Befunde sind nachweislich nicht auf den Menschen übertragbar.
Nicht gesundheitsförderlich
Wer gesund leben möchte, sollte nicht übertreiben. Die Behauptung, dass Süßstoffe Blähungen und Durchfall auslösen ist nicht korrekt. Dafür sind vielmehr Zuckeraustauschstoffe verantwortlich. Zu diesen gehören insbesondere Isomalt, Sorbit, Xylit und Mannit.
Laktoseintolerante Menschen müssen beachten, dass Süßstoff-Tabletten Milchzucker (Laktose) als Trägersubstanz haben. Flüssige Süßstoffe sind frei von Laktose.
Süßstoff ist kein Fatburner
Durch Süßstoffe erhöht sich nachweislich auch nicht das Verlangen nach süßen Speisen. Übergewichtige, die zur Buttercremetorte Kaffee mit Süßstoff bestellen, können nicht erwarten, dass sie abnehmen. Süßstoffe haben keine pharmakologische Wirkung, die das Körpergewicht senkt. Vielmehr sind Süßstoffe kalorienfrei. Wer grundsätzlich Zucker durch Süßstoff ersetzt, führt dem Körper dadurch weniger Kalorien zu. Dieses Kaloriendefizit kann im Rahmen einer Ernährungsumstellung, Bewegungsintensivierung und Umstellung des Verhaltens zu einer Gewichtsreduktion führen.
Verschiedene Studien belegen, dass der Ersatz von zuckerhaltigen Softdrinks durch süßstoffgesüßte Alternativen zur Reduktion des Körpergewichts führt. Dieser Effekt scheint insbesondere bei Kindern und Jugendlichen deutlich zu sein und negative Wirkungen sind bisher nicht aufgetaucht.
Süßstoff kann demzufolge ein sinnvoller, aber nicht notwendiger Bestandteil einer Reduktionskost sein.
Mit Süßstoff abnehmen
Durch den konsequenten Ersatz von Zucker durch Süßstoff ließen sich bei der Durchschnittsernährung täglich rund 400 Kilokalorien einsparen. Das entspricht einer jährlichen Einsparung von fast 150.000 Kilokalorien.
Theoretisch könnte man durch eine solche Kalorieneinsparung das Körpergewicht um 20 Kilogramm senken. Wer Süßstoff als Alibi für die Kalorienvergiftung durch eine Überernährung missbraucht, darf sich nicht wundern, wenn sein Körpergewicht ansteigt. Dafür ist jedoch nicht der Süßstoff verantwortlich.
Natürliche Bestandteile entgegen dem Mythos
Wer glaubt, dass alle Süßstoffe synthetisch sind und grundsätzlich der chemischen oder pharmazeutischen Industrie entstammen, irrt. So wird der Süßstoff Thaumatin wird aus der Katemfe-Frucht und Neohesperidin-Dihydrochalcon aus den Schalen von Bitterorangen gewonnen. Man muss also nicht unbedingt auf die Zulassung von Stevia als Süßstoff warten, Süßstoffe natürlichen Ursprungs gibt es bereits.
Und der Süßstoff Aspartam wird aus zwei natürlichen Eiweißbausteinen hergestellt. Aber auch die Natürlichkeit einiger Süßstoffe lässt die Kritiker nicht verstummen.
Die 17 wichtigsten Süßstoffmythen
Süßstoff ist krebserregend: |
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Falsch |
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Süßstoffe sind gesundheitsschädlich: |
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Falsch – bei Einhaltung der täglichen Höchstaufnahmemenge |
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Süßstoffe beeinflussen die Insulinproduktion: |
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Falsch |
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Süßstoffe nehmen Einfluss auf die Hunger-Sättigungs-Regulation und lösen Hunger oder Appetit aus: |
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Falsch |
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Süßstoffe machen schlank: |
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Falsch – Übergewichtige werden nicht durch, aber gegebenenfalls mit Süßstoffen schlanker |
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Süßstoffe sind chemische Kunstprodukte: |
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Falsch – die Süßstoffe Aspartam, Thaumatin und Neohesperidin-Dihydrochalcon haben einen natürlichen Ursprung (Pflanzenteile) oder werden aus Eiweißbausteinen (Aminosäuren) hergestellt |
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Süßstoffe sind Mastmittel für Tiere oder in solchen enthalten: |
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Falsch |
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Süßstoffe lösen den cephalischen Insulinreflex aus: |
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Falsch |
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Süßstoffe erhöhen das Verlangen nach Süßem und Süßigkeiten: |
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Falsch |
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Süßstoff ist teuer: |
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Im Vergleich zu Zucker ist Süßstoff unglaublich preiswert und wird daher reichlich von der Industrie eingesetzt |
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Süßstoff eignet sich nicht zum Backen |
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Falsch, aber im Gegensatz zu Zucker liefern Süßstoffe keine Masse und unterstützen nicht die Backeigenschaften von Teigen |
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Saccharin löst Blasenkrebs beim Menschen aus: |
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Falsch – aber möglicherweise in Maximaldosis bei der Ratte |
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Stevia ist ungefährlich und sicher: |
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Wahrscheinlich nicht |
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Süßstoffe sind gesund: |
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Süßstoffe sind bei Einhaltung der ADI-Werte sicher unschädlich, aber gesundheitsförderlich wohl nicht – auch wenn sie beim Abnehmen helfen und die Diabetestherapie erleichtern können |
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Süßstoffe lösen Blähungen und Durchfall aus: |
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Falsch – dafür sind Zuckeraustauschstoffe wie Isomalt, Sorbit, Xylit oder Mannit verantwortlich |
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Die Süßstoffindustrie ist gegen Stevia: |
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Falsch – sie würde Stevia gerne als Süßstoff vermarkten |
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Der Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ bedeutet eine Gefahr: |
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Falsch – der Süßstoff Aspartam enthält den natürlichen Eiweißbaustein (die Aminosäure) Phenylalanin – der Hinweis ist nur für Patienten, die unter der Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie leiden, relevant |
Autor: Sven-David Müller
Quellen und wissenschaftliche Belege zum Thema Süßstoff:
http://www.springerlink.com/content/0gx90hrh2kvgj3lk/
http://cebp.aacrjournals.org/cgi/content/abstract/18/8/2235
http://annonc.oxfordjournals.org/cgi/content/abstract/18/1/40
http://www.efsa.europa.eu/EFSA
http://www.efsa.europa.eu/EFSA/efsa_local